Ästhetik des Horrors

Eine Episode über das Unheimliche in Horror-Games mit Stella Tegler. Diskussion über das Konzept, Uncanny Valley und Gesichtsausdrücke in Videospielen. Nicolas betont die Auflösung von Sicherheiten. Angebot einer Zusammenarbeit bei Videospielprojekten.

2023, Behind the Screens
Behind the Screens
https://behind-the-screens.de

Entstellte Körper, unnatürliche Bewegungen, creepy Animationen – damit wir uns gruseln, trumpfen Horror-Games mit allerhand Visuellem auf. Dafür greifen sie oft tief in die psychologische Trickkiste. Mit der Game Designerin Stella Tegler sprechen wir über das Unheimliche in der Psychoanalyse, das Uncanny Valley, Body Horror und allerlei zusammengeflickte Monster. Achtung, es wird grafisch!

Generated Shownotes

Chapters

0:00:52 Einstieg Intro und Vorstellung Stella
0:09:36 Das Unheimliche bei Jentsch: Wachsfiguren, Zweifel und Co.
0:32:06 Das Unheimliche bei Freud: Verdrängung, Angst und mehr
0:41:42 Tod und Leichen
0:53:37 Body Horror
1:02:17 Mischwesen und zusammengesetzte Monster
1:10:59 Das Uncanny Valley
1:21:45 Funktioniert absichtliches 'uncanny' Design?
1:31:04 Study Case 1: Silent Hill 3: Valtiel
1:40:18 Study Case 2: The Evil Within 2: Obscura
1:53:24 Study Case 3: The Evil WIthin 2: Stefano Valentinis 'Kunstinstallationen'
2:02:15 Dank & Abmoderation

Long Summary

In dieser Episode sprechen wir mit der Game-Designerin Stella Tegler über das Unheimliche in Horror-Games und seine psychologischen Aspekte. Stella, eine Absolventin meines Psychologie- und Games-Kurses, hat ihre Bachelor-Arbeit über dieses Thema geschrieben und teilt ihre Erfahrungen und Gedanken dazu. Wir beginnen mit der Frage, wie Stella auf das Thema gekommen ist und warum sie es in ihrer Arbeit behandelt hat. Stella erzählt von ihrer Kindheit und wie ihre Leidenschaft für Horrorspiele und Horrorfilme von ihrem Onkel, der sie mit seiner Playstation 1 und einer Menge Demospielen babysittete, geweckt wurde. Eines dieser Spiele war die Demo von Silent Hill, das trotz der Altersfreigabe ab 16 Jahren bereits ihre Faszination für das Unheimliche weckte.

Wir erfahren, dass es eine Forschungstradition gibt, die sich mit dem Begriff des Unheimlichen auseinandergesetzt hat. Dabei werden verschiedene Disziplinen wie die Psychologie einbezogen. Stella erwähnt, dass bereits in einer früheren Folge des Podcasts über Horror und die Psychologie des Gruselns gesprochen wurde. Wir erfahren von den Diskussionen um Sigmund Freuds Aufsatz über das Unheimliche und Ernst Jentschs Überlegungen aus dem Jahr 1906. Stella beschreibt anschaulich, wie Wachsfiguren im Halbdunkeln ein unheimliches Gefühl auslösen können und erklärt, dass das Unheimliche entsteht, wenn etwas Neues auftaucht, das nicht richtig eingeschätzt werden kann.

Wir kommen auf das Konzept der Suspension of Disbelief in Horror-Spielen zu sprechen. Dabei erklärt Jessica, dass die Spieler nicht daran glauben müssen, dass die Horrorwelt viel anders ist als die reale Welt. Merkwürdige Dinge geschehen, und man kann davon ausgehen, dass etwas nicht stimmt. Das Konzept des Body Horrors wird ebenfalls diskutiert, wobei ein Spiel namens Pumpkin Eater als Beispiel genannt wird, das den Verfall des menschlichen Körpers detailliert darstellt. Jessica erklärt, dass solche Spiele eine Mischung aus Belustigung über die Absurdität der Situation, Ekel und Horror hervorrufen können.

Es wird auch über das Uncanny Valley-Phänomen und die Bedeutung von Gesichtsausdrücken in Videospielen gesprochen. Silent Hill 2 und der Charakter Valtiel werden als Beispiele für unheimliche Gesichtsausdrücke genannt. Es wird betont, dass das Uncanny Valley eine Herausforderung und ein Werkzeug für Game-Designer sein kann. In diesem Zusammenhang wird auch das Spiel Doki Doki Literature Club erwähnt, um die Verwendung von unheimlichen Gesichtsausdrücken zu demonstrieren. Es wird über die Bedeutung von Gesichtsausdrücken in Videospielen diskutiert und wie diese je nach Realismusgrad der Grafik unterschiedlich wahrgenommen werden.

Nicolas erwähnt, dass die schnelle Bewegung einer Figur im Spiel einen gruseligen Effekt hat, da sie gegen die intuitiven Annahmen über Biomechanik verstößt. Stella ergänzt, dass die Figur auch unglaublich weit springen kann, was eine andere Art von Angst erzeugt. Nicolas betont, dass solche Bewegungen die Sicherheiten der Spieler auflösen, da Distanz oder Hindernisse keine Schutzfunktion mehr erfüllen.

Abschließend wird Stella für ihre Arbeit gedankt und eine Zusammenarbeit bei Videospielprojekten angeboten. Die Hörer werden dazu aufgefordert, den Podcast zu abonnieren und sich im Discord-Chat auszutauschen. Es wird nach positiven Bewertungen und finanzieller Unterstützung gefragt.

Brief Summary

In dieser Episode sprechen wir mit Stella Tegler über das Unheimliche in Horror-Games. Stella teilt ihre Erfahrungen und Gedanken zu diesem Thema, das sie auch in ihrer Bachelor-Arbeit behandelt hat. Wir diskutieren das Konzept des Unheimlichen, das Uncanny Valley-Phänomen und die Bedeutung von Gesichtsausdrücken in Videospielen. Nicolas betont, wie Bewegungen im Spiel die Sicherheiten der Spieler auflösen können. Zum Schluss wird Stella gedankt und eine Zusammenarbeit bei Videospielprojekten angeboten.

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Episode, Stella Tegler, Unheimliche, Horror-Games, Erfahrungen, Bachelor-Arbeit, Konzept des Unheimlichen, Uncanny Valley-Phänomen, Gesichtsausdrücke, Videospielen, Bewegungen im Spiel, Sicherheiten, Zusammenarbeit, Videospielprojekten
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Transcript


Jessica:
[0:02] Entstellte Körper, unnatürliche Bewegungen, creepy Animationen damit wir uns gruseln, trumpfen Horror-Games mit allerhand Visuellem auf.
Dafür greifen sie oft tief in die psychologische Trickkiste.
Mit der Game-Designerin Stella Tegler sprechen wir über das Unheimliche in der Psychoanalyse, das Uncanny Valley, Body-Horror und allerlei zusammengeflickte Monster.
Viel Spaß und Achtung, es wird grafisch.

Einstieg Intro und Vorstellung Stella


Nicolas:
[0:52] Herzlich willkommen, liebe Zuhörende, zu unserer mittlerweile 79.
Folge des Behind-the-Screens-Podcasts.
Halloween steht vor der Tür, oder je nach Veröffentlichungsdatum ist auf jeden Fall noch sehr präsent.
Und das haben wir zum Anlass genommen, so wie bereits im vergangenen Jahr, uns einem Thema zu widmen an der Schnittstelle von Psychologie und Videospielen im weiteren Sinne, das sich mit Horror und der gruseligen Zeit des Jahres beschäftigt.
Und zu diesem Zweck haben wir uns eingeladen, eine spannende Gästin, die liebe Stella Tegler. Hallo Stella.

Stella:
[1:33] Hallo, hallo. Freut mich hier zu sein.

Nicolas:
[1:36] Und an meiner Seite darf ich ebenfalls begrüßen die wunderbare Jessica Kartmann. Hallo.
Ja, also ich freue mich sehr, heute mit euch hier sitzen zu können und über dieses spannende Thema zu reden, vielleicht mag Jessica ganz kurz erwähnen, wie sie, ja also Jessica hat so ein bisschen dieses Thema mit auf die, aufs Parkett gebracht, ins Spiel gebracht und vielleicht magst du kurz erwähnen, wie das zustande gekommen ist, Jessica, wie hast du das hier eingefädelt, dieses Zusammenkommen heute?

Jessica:
[2:08] Ja, Stella war in meinem allerersten Jahrgang, den ich zu Psychologie und Games unterrichtet habe.
Sie hat Game Design studiert und jetzt, 2023, im Februar, ihren Bachelor abgeschlossen.
Und wir haben uns in deinem vierten Semester, nee, in deinem zweiten Semester oder so was, ich weiß nicht mehr, in einem Semester, irgendwann vor mehreren Jahren, haben wir uns kennengelernt.
Und ja, Stella hat dann beschlossen, eine Arbeit zu schreiben, die was mit Psychologie zu tun hat.
Und dann hat sie mich gefragt, ob ich vielleicht die Zweitbetreuung machen könnte.
Und das hat mich sehr, sehr gefreut, weil dieser allererste Jahrgang, der ist mir doch irgendwie besonders nahe und fühle ich mich immer noch besonders verbunden, weil wir da irgendwie alle so reingeworfen worden sind.
Ich habe da mitten im Semester angefangen für eine Krankheitsvertretung.

[3:07] Und ja, das war ein ganz...
Ganz obskurer Stadt, irgendwie so von einer Woche auf die andere.
Und ja, da habe ich mich irgendwie gleich dann mit diesem Jahrgang auch verbunden gefühlt.
Und ich freue mich einfach total, dass wir jetzt sogar nach deinem Bachelor, Stella, nochmal die Gelegenheit haben, zusammen zu sprechen, auch noch über so ein, finde ich, unglaublich interessantes Thema.
Ja, es geht um Freude, es geht um Psychoanalyse, es geht um alle möglichen Themen, die ich super interessant finde.

Stella:
[3:39] Sehr spannend auf jeden Fall, ja.

Nicolas:
[3:42] Ja, also herzlichen Glückwunsch an der Stelle auch erst noch mal.
Du darfst dich also offiziell jetzt Game-Designerin nennen, oder? Stella?

Stella:
[3:53] Ja, Absolventin, Game-Design-Absolventin, ja.

Nicolas:
[3:55] Fühlst du dich auch schon so wie eine, oder ist das noch ein bisschen so ...

Stella:
[3:59] Ja, es ist so ein bisschen ... Ach, irgendwo hinten in der Schublade liegt's so ein bisschen.
Man versucht jetzt irgendwie in der Branche sich einzufinden, sagen wir es so. Aber ja.

Nicolas:
[4:12] Ja gut, gibt es unterschiedliche Perspektiven drauf. Für manche ist es auch einfach nur ein Titel. Ja. Und das, was man gelernt hat und so weiter, das ist natürlich das Eigentliche, was zählt.

Stella:
[4:20] Genau, genau.

Nicolas:
[4:21] Und also wenn ich mir deine Bachelor-Arbeit angucke, die Jessica mit begutachtet hat und so, dann scheint mir, hast du ja einiges gelernt und dir einige Gedanken gemacht zu echt coolen Themen.
Heute soll es ja wie gesagt gehen um die Ästhetik des Horrors und das ist natürlich sagen wir mal für viele etwas, was im Erleben von Horror irgendwie im Vordergrund steht, ist die ästhetische Erfahrung, uh das ist aber, das sieht aber vielleicht gruselig aus oder uh das ist unheimlich und das ist etwas, was sich sehr stark auf die menschliche Psyche quasi auswirkt letztendlich, insbesondere also visuelle Reize, die in irgendeiner Form in uns ein erleben von horror von unwohlsein von ein gefühl des unheimlichen und ähnliches hervorrufen da stellt sich mir natürlich die frage, zunächst stella wie bist du zu diesem thema eigentlich gekommen warum hast du dich dafür entschieden das im rahmen einer bachelor arbeit auch zu bearbeiten.

Stella:
[5:19] Oh Gott, okay, also wenn ich da jetzt mal so ein bisschen so ganz nach hinten greifen kann, so in die Vergangenheit damals, ähm ...

Jessica:
[5:27] In meiner Kindheit.

Stella:
[5:28] Genau, ja, tatsächlich.
Ähm, also einfach, ich bin mega Horrorfan, spiele liebend gerne Horrorspiele, gucke gerne Horrorfilme.
Und ich glaube, das hat irgendwie wahrscheinlich mein Onkel damals in meiner Kindheit ausgelöst, Weil der nämlich, als der mich und meinen kleinen Bruder damals mit 6, 7 Jahren oder was gebabysittet hat, aufgepasst hat, wenn unsere Eltern mal nicht da waren, dann hat der nämlich seine alte Playstation 1 Konsole angeschleppt mit Massen an...
Ein Demospielen, damals aus der alten Computerbildzeitung. Und da haben ich und mein Bruder dann erst mal durch seinen Katalog durchgeguckt und konnten uns dann jedes Mal irgendwelche Spiele aussuchen, die wir mal spielen wollten.
Und irgendwie ist es dazu gekommen, dass wir dann ganz einfach mal die alte Demo von Silent Hill gespielt haben, die ab 16 Jahren war.
Und wir waren fünf und sieben Jahre alt oder so. Macht ja nichts.
Und ...

Nicolas:
[6:29] Also Respekt jetzt, also wenn ich dich heute treffe, man merkt es dir gar nicht an, also diese, diese Erfahrung aus der Kindheit.

Stella:
[6:34] Ja, so geschädigt bin ich dann augenscheinlich nicht, nein.

Jessica:
[6:39] Albträume für den Rest deines Lebens.

Stella:
[6:41] Genau, genau, also ich weiß auch, dass ich mich damals dann irgendwie immer unter der Decke verkrochen habe, aber irgendwie fand ich das total spannend und wir haben das Ding auch öfter gespielt.
Und irgendwie ist das hängen geblieben, würde ich sagen, also ich weiß nicht.
Und beim Bachelor, wenn wir da jetzt wieder darauf zurückkommen, ich wusste oder ich habe gehofft, dass ich irgendwas in Richtung Horror machen könnte vielleicht.
Das musste natürlich aber dann auch wiederum zum Projekt passen, weil wir ja Thesis und Theorie, äh, Thesis und Theorie, ja super, Thesis und Projekt machen.
Und musste das natürlich aber auch mit meinem Projektpartner alles abstimmen und so, aber glücklicherweise hat es bei uns beiden dann irgendwie gepasst, dass ich halt so einen Horroranteil einbringen konnte, musst du dann aber nur gucken, dass das irgendwie auch natürlich zu meinem Fähigkeiten-Set passt, weil ich halt eher 2D-Art mache.

[7:33] Und daher musste das dann halt irgendwie ein sehr visuelles Thema sein, was ich halt möglichst auch in 2D umsetzen kann.
Und da bin ich dann halt auf diese ästhetische Bildsprache im Horror gekommen und wollte da einfach mal ein bisschen weiter ergründen, wie man effektiv diesen Unheimlichkeitsfaktor einbringen kann, weil ich halt fand, dass, ich sag mal, der klassische Werwolf oder Vampir, was ja auch im klassischen Sinne Monster sind, einen anderen Angstfaktor oder Terrorfaktor halt darstellen, als wie jetzt, ich sag mal, der Xenomorph von Alien oder so was.
Also es ist irgendwie so eine...
Es ist beides Horror, aber es ist anderer Horror. Und ich wollte einfach mal ergründen, was ist dieses Unheimliche, was man dann teilweise in Horrorgames halt findet. Und wollte einfach mal versuchen.
Was ich da so rausholen kann.

Nicolas:
[8:36] Ja, find ich auf jeden Fall cool, weil also Horror halt an sich, wenn man sagt, okay, das ist so eine Art vielleicht eigenes Genre, ähm, popkulturell ja mittlerweile eigentlich, also auch medienübergreifend in Filmen und in Videospielen und anderorts.

[8:53] Äh, und das heißt ja, sagen wir mal, hat sich ja schon ziemlich ausdifferenziert und kommt sehr vielgestaltig daher, ne?
Und ähm, da lohnt es sich anzugucken, okay, was unterscheidet denn dann eben zum Beispiel, ähm, ja, den Werwolf, den manch einer vielleicht schon gruselig findet, aber eben von, was weiß ich, wirklich grotesken Gestalten, ähm, wie wir sie bei Alien finden, von Giga-designed oder so.
Oder eben in Videospielen wie Scorn, die dem einen oder anderen eben auch einiges an Emotionen hervorlocken, bei der Betrachtung, beim Spielen des Spiels. Ähm ...
Ja, vielleicht magst du uns mal mitnehmen. Also, es geht unter anderem um das

Das Unheimliche bei Jentsch: Wachsfiguren, Zweifel und Co.


[9:40] Unheimliche. Genau. Das ist ja so ein Begriff, den haben viele so, sagen wir mal, dem Alltagssprachgebrauch auch.
Ne, das ist irgendwie, oh, das war eine Situation, das war mir irgendwie unheimlich oder so. Oder ich bin in diesem und jenem Spiel, bin in so ein unheimliches Haus hineingegangen oder so.
Aber die wenigsten werden sich wahrscheinlich recht viel noch dabei denken, wenn sie den Begriff benutzen.

[10:08] Was viele vielleicht nicht wissen, ist, dass der so eine Art gewisse Forschungstradition oder überhaupt Tradition mit sich bringt, dass es dort einige kluge Leute aus verschiedenen Disziplinen gab, unter anderem der Psychologie, die sich zu diesem Begriff schon Gedanken gemacht haben und versucht haben, den so ein bisschen durchzuschmecken.
Und ein bisschen was davon wollen wir, glaub ich, heute auch im Podcast mal versuchen, ein bisschen auf diesen Begriff rumkauen, ein bisschen durchschmecken, womit haben wir es denn hier eigentlich zu tun. Ja?

Jessica:
[10:43] Ja, ich habe total Lust drauf und ich freue mich total, weil vor zwei Jahren haben wir mit Katja Alla eine Folge aufgenommen, wo es auch um Horror ging.
Da ging es um Survival Horror und die Kunst des Gruselns.
Wie hieß unsere Folge? Nicht mal das weiß ich gerade.
Survival Horror und die Psychologie des Gruselns. Natürlich, wir sind hier ja PsychologInnen.
Jedenfalls haben wir da mit Katja gesprochen und ich hatte damals, das weiß ich noch, ganz viel vorbereitet, ganz viel Freud gelesen auch.
Der hat ja auch über das Unheimliche einen ziemlich langen Aufsatz geschrieben und in dieser Folge war gar nicht so wirklich viel Platz dafür und ich dachte, irgendwann, irgendwann werde ich das irgendwo bringen.
Ich hebe mir das auf, ich habe alle Blätter noch, ich habe nochmal alles durchgeschaut, was ich da aufgeschrieben geschrieben hab und hatte mich dann eben auch besonders gefreut, als ich in deiner Arbeit, Stella, viel davon wiederentdeckt hab.
Und mir dachte, hach, da ist er wieder.

Stella:
[11:46] Die Zeit ist gekommen.

Jessica:
[11:47] Und Tritt Freud schaut um die Ecke, er ist doch nicht verschwunden.
Aber ... er war ja eigentlich gar nicht, glaub ich, der Erste, der das Unheimliche sich angeschaut hat, oder, Stella?

Stella:
[11:58] Tatsächlich nicht, nee. Das war der gute Ernst Jentsch. Schon 1906, tatsächlich.
Der hat das dann erstmals, glaube ich, auch in einem Essay oder was aufgegriffen, wo er halt eben dieses unheimliche Gefühl ergründet hatte, was das überhaupt ist und hatte halt dann irgendwie hervorgebracht, dass es halt aus bestimmten Ereignissen intellektueller Unsicherheit, glaube ich hat er es genannt, hervorgebracht werden kann.
Das ist halt irgendwie alles, was einem bekannt ist, gibt einem Sicherheit, aber sobald du halt etwas Neues hast, was du vielleicht durch kulturelle Faktoren noch nicht richtig einschätzen kannst, ist es unheimlich.
Einfach weil es eben nicht heimlich ist, es ist nicht bekannt.
Wenn man es jetzt einfach mal so irgendwie kurz, knapp, wäre es gut zu erklären.

Nicolas:
[12:53] Boah, da geht mir sofort auf einmal Licht auf jetzt mit diesem Heim, also warum heimlich? Und ne, also dieses, dieser Zusammenhang zur Heimat, das finde ich ja richtig cool.

Stella:
[13:03] Macht dann irgendwie plötzlich Sinn.

Nicolas:
[13:04] Ja.

Jessica:
[13:07] Bringt, ja, bringt Licht ins Dunkel. Das, also Freud nimmt diesen Begriff ja auch und macht da auch ganz, ganz viel mit, aber schon, schon allein dieses, okay, das eine ist vertraut, in dem einen fühle ich mich auch sicher, ja, Bestenfalls fühle ich mich im Heim sicher in meinen vier Wänden.
Die sind mir bekannt, die sind mir vertraut.
Da muss ich nicht damit rechnen, dass irgendwas um die Ecke kommt, was ich nicht kenne.
Denn alles, was da drin ist, habe ich wahrscheinlich da irgendwie reingebracht.
Im besten Fall zumindest. Und.
Da dann eben zu sagen, okay, was, etwas ist unheimlich, wenn ich's nicht kenne, ja?
Wenn ich das nicht als sicher einschätzen kann.
Aber gleichzeitig kann man ja wahrscheinlich auch nicht sagen, alles, was ich nicht kenne, ist automatisch unheimlich, oder?

Stella:
[14:01] Genau, das hat er, glaub ich, auch in seinem Essay gesagt, dass dieses Unheimliche eben nicht unbedingt für jeden auf dem gleichen Level auftreten muss.
Dass es sogar teilweise auch zum Beispiel durch mentale Verfassungen gerade beeinflusst werden kann, zum Beispiel Halluzinationen oder sowas.
Er hatte da glaube ich auch das Beispiel von Anthropomorphismus, dass halt menschliche Eigenschaften auf nichtmenschliche Objekte übertragen werden, zum Beispiel wenn man dann im Dunkeln eine Jacke an der Wand hängen sieht und denkt, da steht jemand, machst du das Licht an, ja, es ist nur eine Jacke.
Und das kann natürlich dann auch durch Halluzinationen zum Beispiel verstärkt werden.
Ein anderes cooles Beispiel, was er hatte, was irgendwie glaube ich auch, also wenn man an unheimliche Situationen denkt oder an Ängste von Menschen, dann taucht das denke ich mal sehr sehr oft auf, Wachsfiguren.

[14:58] Ähm, oh ja, weil er da dann auch, ähm, als Beispiel hatte, dass, ähm, im Halbdunkeln, wie eben diese Jacke, wenn die da dann im Halbdunkeln steht, die Wachsfigur, denkst du wahrscheinlich erst mal, oh Gott, da steht jemand.
Wenn du dann aber dich vergewisserst, dass es eben nur eine Figur ist, hast du natürlich eigentlich im ersten Moment Sicherheit, dass es keine Bedrohung ist, dass du dich wieder heimlich fühlen kannst.
Aber dass sogar teilweise, wenn einfach der erste Eindruck zu verstörend war, egal ob du dann weißt, dass es eine Figur ist oder nicht, kann dieses unheimliche Gefühl einfach wieder auftauchen, wenn du dann nochmal in die Augen guckst oder irgendwie feinere Details dann feststellst.
Dann wird die Wachsfigur irgendwie immer ein ungutes Gefühl auslösen.

Jessica:
[15:48] Ich glaube, das mit diesen Wachsfiguren hat auch damit zu tun, dass man zumindest bei der heutigen Qualität der Wachsfiguren ja wirklich quasi nicht unterscheiden kann, wenn man die da so stehen sieht.
Ist das ein echter Mensch? Wird die sich gleich bewegen?
Und selbst wenn man das intellektuell weiß, man kriegt das nicht zusammen, weil man andere Erwartungen hat, glaube ich.
Also an eine Wachsfigur habe ich irgendwie die Erwartung, dass ich die unterscheiden kann von einer realen Figur. Und wenn ich aber nicht ganz dicht dran gehe, dann kann ich das unter Umständen gar nicht. Und ich glaube, das hat...

[16:28] Was damit zu tun und es erinnert mich, muss ich eine kurze Anekdote erzählen, die ist zwar genau andersrum, aber da war ich Kind vielleicht so sieben oder sowas und war mit meinen Eltern im Urlaub und da waren wir in so einem Freizeitpark in Italien und da gab es so eine Attraktion, ich weiß gar nicht mehr, so ein Fahrgeschäft, wo auch solche Figuren eben waren, die relativ lebensecht aussahen, so beim Vorbeifahren.
Und dann stiegen wir da aus und, also wie das oft so ist, dann ist ja auch noch so dieser Ausgangsbereich auch noch im Theme quasi dieser Attraktion gestaltet und da saß, dachte ich, nochmal so eine Puppe auf so einem Stuhl und ich bin da hingegangen und hab gedacht, cool, endlich kann ich die anpassen.
Es war keine Puppe, es war ein echter Mensch und der hat sich bewegt und hat italienisch gesprochen, was ich nicht verstand.

[17:26] Oh mein Gott, also da war eben auch die Erwartung, da war quasi die Erwartung, okay, ist nicht gruselig, ist ja nur eine Figur und ich ging hin und wurde eines besseren belehrt, dass es eben doch keine Figur war, aber was ich damit sagen will ich glaube es hat eben wirklich viel mit mit den erwartungen zu tun und diesem ich habe ich habe ein mentales bild von irgendwas und wenn das.
Auf irgendeine weise gestört wird entweder weil diese wachsfigur eben so realistisch aussieht dass man wirklich meinen könnte es bewegt sich gleich oder eben umgekehrt wenn ich nicht die erwartung habe es ist eine figur und dann bewegt sie ja ich ich glaube das das ist so einer der der zentralen Punkte dessen auch, glaube ich, was überhaupt mit dem Unheimlichen zu tun hat.
Also, ich habe eine Erwartung und es ist dann irgendwie doch anders.
Oder ich habe die Erwartung, das hat, glaube ich, Freud gesagt, zu dem kommen wir ja gleich noch, dass, ja, wenn es ein unbelebtes Objekt gibt und man eben doch Zweifel daran hat, ob es nicht vielleicht doch irgendwie.

Nicolas:
[18:30] Belebt ist und sich gleich bewegt wie die vermeintliche figur in italien aus kognitionswissenschaftlicher sicht könnte man das auch noch mal in andere begriffe fassen so also man könnte erst mal feststellen der mensch ist ja ein also zutiefst soziales lebewesen und das heißt viel von seiner gehirnarchitektur ist quasi darauf angelegt meinesgleichen andere menschen andere lebewesen irgendwie zu erkennen und mit denen interaktion zu treten und das führt dazu dass wir so eine art hypersensibilität haben für alles was irgendwie menschlich ist oder menschlich aussieht, bis dahin mit zuspitzung gilt das für gesichter bis dann dass wir in wolken überall gesichter sehen oder so weil wir quasi unser system fälschlicherweise anspringt weil es so hypersensibel kalibriert ist und sagt oh es ist gesicht, Ach, ist ja nur ne Wolke.
Und ähnliches passiert vielleicht dann eben auch in Situationen, wo wir den, ähm, wo wir den Garderobenhaken mit der Jacke, die da hängt, als menschliche Gestalt fehlinterpretieren.

[19:40] Eine illusionäre Verkennung der Realität. Es ist ja gar kein, ähm, es ist ja gar kein Mensch, sondern es ist eigentlich nur ein Jackenständer.
Eben weil wir quasi immer zu bereit sind, in Interaktion zu treten.
Und das hat ja auch einen evolutionären Sinn, wird uns denn besonders gefährlich.
Das sind unter anderem auch andere Menschen zum Beispiel.

[19:59] Andere Lebewesen. Oder anders, wer kann mir helfen, zu überleben in dieser Umwelt?
Das sind vor allen Dingen andere Menschen, weil wir einfach als Herdentiere quasi ja auch irgendwie evolutionär entwickelt uns haben.
Und diese spezielle Sensibilisierung für die Frage, Mensch oder nicht, die spielt hier glaube ich eine Rolle, wenn wir uns mit Sachen wie diesem Uncanny Valley auch bei Wachsfiguren eben beschäftigen.

[20:26] Dann ist die Frage, wird die Kategorie im Gehirn meinesgleichen aktiviert, das heißt, glaube ich, da ist ein lebendiges Wesen mir gegenüber, oder wird die nicht aktiviert und ich glaube, ich habe es mit einem Objekt, einem unbelebten Objekt zu tun, und was passiert, wenn sich das zum Beispiel anfängt zu bewegen?
Was passiert dann? Dann muss mein Gehirn sich gegebenenfalls schnell umswitchen und das ist eine Verunsicherung, ein Moment der Verunsicherung.
Ich war vorher von anderen Annahmen ausgegangen, auf einmal stellt sich die Realität anders dar.
Oh oh, mein Leben ist möglicherweise in Gefahr. So, ne, als evolutionärer Perspektive und wenn wir im Falle von Zombies oder so statt Wachsfiguren sprechen, wäre es natürlich auch tatsächlich in Gefahr, das Leben.
Ähm, genau. Also, es gibt also quasi natürlich aus heutiger Sicht, auf diese Erkenntnisse und so was hat ja jetzt ein Ernst Jentsch und so natürlich noch keinen Zugriff.
Gibt es auch, sagen wir, eine kognitionspsychologische, kognitionswissenschaftliche Argumentationslinie, um das noch mal in andere Worte zu fassen, was Ernst Jentsch hier schon bemerkenswerterweise vor über 100 Jahren ...

Jessica:
[21:41] Beobachtet hat und er sagt auch dass eben genau dieser zweifel wenn der aufgelöst werden kann also wenn ich mir sicher bin okay ist es nur der.
Ja garter oben stände mit der jacke oder was auch immer dann kann sich ein anderes gefühl breit machen dann habe ich erstmal die erleichterung und bin quasi kognitiv auch nicht mehr damit beschäftigt.
Was ist das jetzt eigentlich? Der Zweifel ist weg und ich habe eine Klarheit drin und dann kann ich mich wieder auf Dinge verlassen. Und ich frage mich gerade, wo wir das auch in Spielen haben.
Ich glaube, die spielen damit immer wieder, dass sie uns irgendwelche Eindrücke geben, wo man dann erstmal nicht weiß, man hört irgendwas, aber man denkt eigentlich, man ist in einem leeren Raum oder Dinge bewegen sich so ein bisschen.
Ja, die Augen bewegen sich in irgendeinem Bild oder so. Ich meine, mich zu erinnern, dass das in Layers of Fear auch damit irgendwie gespielt wurde, dass sich dann an Bildern irgendwas so ein bisschen bewegt hat.
Da bewegt sich dann irgendwann ja auch ganz viel von den visuellen Eindrücken, je mehr wir in diesem Spiel fortschreiten.
Aber ja, was denkt ihr?

Stella:
[22:59] Ähm, ich glaub, ein ganz gutes Beispiel ist ... Ah, wie ist das denn noch?
Madison, sagt euch das Spiel was? Ich glaub, das ist so vor zwei, drei Jahren rausgekommen.
Auch ein tolles Horrorgame. Also, das setzt wirklich superkrass auf Atmosphäre.
Also, es spielt sehr mit Sound.
Und, ähm, wenn ich mich recht entsinne, war da auch gerne so ein Trick, einfach mal so eine Großvateruhr, so ein Turmding, einfach mal unter eine Decke zu packen und dann ganz hinten in den dunklen Gang zu stellen.
Und dann denkt man natürlich erst, oh Gott, da steht jemand. Und was auch.
Total gruselig immer war, dein Item, was du halt dauerhaft hattest, war eine Kamera.
Und das war dann meistens auch deine einzige Lichtquelle teilweise, dass du dann den Blitz benutzen musstest, um zu sehen, wo du eigentlich hinläufst.
Und wenn du dann beim Blitz siehst, oh Gott, da hinten ist irgendwie so eine menschliche Figur, dann baut sich natürlich Spannung auf.
Und die baut sich natürlich immer weiter auf, bis du dann irgendwann mal hinten angekommen bist und siehst, oh, okay, es ist nur eine Uhr. So.

Nicolas:
[24:13] Das find ich ein total cooles, spannendes Beispiel. Weil man hier auch jetzt so aus psychologischer Sicht wieder sagen könnte, okay, das ist ja game-design-technisch eigentlich total schlau gemacht, dass man immer nur kurze, wie so Lichtblitze sieht von seiner Umgebung.
Weil das, was bewirkt das? Das bewirkt, dass man nur eingeschränkte Informationen zur Verfügung hat.
Eingeschränkte Information heißt Unsicherheit, theoretisch, ne?
Beziehungsweise, ähm, auch bei der Verarbeitung von den visuellen Reizen, wenn ich dann mal eben so ein Lichtblitz habe, da muss ich möglichst schnell, möglichst viel aufsaugen, und dann sind meine Ressourcen entsprechend, ähm, ja, begrenzt auch dafür.
Und ich muss mit dieser Begrenztheit an Informationen und auch an Sicherheit quasi, muss ich umgehen, ne?
Ich habe nur eine limitierte Sicherheit darüber, was sich in meiner Umgebung befindet.
Und das ist quasi, ja, es ist doch super spannend, wie dort quasi auch speziell an Eigenschaften dieses menschlichen Geistes angedockt wird, auf Game-Design-Ebene, um ein gewünschtes emotionales Erleben, in dem Fall ein Gruseln oder ein Horror-Erleben, irgendwie zu befördern.

Jessica:
[25:24] Da würde ich noch ergänzen, ich denke, gar den Outlast an beide Teile.
Es ist auch so ein Horrorspiel.

[25:31] Im ersten geht man in ein verlassenes Asylum, ein Mental Asylum, also eine Psychiatrie quasi, eine verlassene Mount Massive heißt die.
Wir sind Journalist und sind nur mit einer Kamera bewaffnet und haben Hinweise, dass da drin irgendwelche komischen Sachen passieren. Und man denkt schon, what could possibly go wrong?
Da mitten in der Nacht hinzufahren, nur mit einem Camcorder ausgestattet.
Naja, jedenfalls, man geht in dieses Asylum rein, es ist recht dunkel.

[26:02] Viele Stellen sind nicht gut beleuchtet und wir haben eben nur diese Kamera dabei. Und die hat so einen Nachtmodus, den wir dann in den dunkleren Ecken brauchen.
Und der ist so grünlich und so ein bisschen verschwommen. Also da haben wir nicht das, was ich auch sehr elegant finde da in Madison, diese kurzen Eindrücke, sondern wir haben schon längere, aber wir haben nur dieses verwaschene, grünliche Bild, auf dem wir ganz viele Informationen eigentlich gar nicht so richtig wahrnehmen.
Wir haben nicht so richtig einen guten Eindruck von Tiefe, wir haben nicht so richtig einen guten Eindruck von natürlichen Farben und so weiter, weil irgendwie alles grün und verschwommen ist.
Und dadurch wirken dann viele Dinge, durch die man durchgeht.
Also einmal ist man in so einem Raum, wo dann ja auch irgendwie eine Leiche von der Decke hängt und also er hängt es und so und irgendwo stehen Köpfe rum und man sieht dann durch diese Kamera, sieht man die dann erst sonst?
Also es ist so ein Regal, wo dann diese Köpfe so aufgereiht sind und wie man sich das so so vorstellt in Gruselfantasien und...

[27:07] Wenn man ohne Kamera durchläuft, sieht man halt quasi nichts, man erahnt irgendwie so Schatten und wenn man diese Kamera anschaltet, dann leuchten diese Augen halt so vor diesen Köpfen in diesem Regal und stehen noch mehr Köpfe, also überall sind Köpfe, um es kurz zu machen in diesem Raum, Kopfraum, I don't know.

[27:28] Und das finde ich auch noch mal interessant, diese Art, also man spielt ja auch mit dem, welche Informationen geben wir den Leuten.
Also da eben nur diese Verwaschenen, mit denen wir nicht so viel anfangen können, die auch ungewohnt sind, die auch unheimlich sind, weil wir es nicht gewohnt sind in so einem, also mit diesen visuellen Eindrücken durch diese Kamera umzugehen.
Wir haben natürlich noch diese Ebene des Ausgeliefertseins auf diese Kamera.
Ja, wenn ich die nicht habe, wenn die Batterien leer sind, dann komme ich vielleicht durch diesen Raum gar nicht durch, weil ich überhaupt nicht sehe, wo was ist und wo vielleicht Gefahren lauern oder mich jemand angreift.
Und ich muss eben, ja, dann noch diese Ressourcenverwaltung mitdenken.

Stella:
[28:15] Ja, finde ich auch total spannend. Einfach diese bewusste Entscheidung auch von den den Game-Designern, den Spieler halt so einzuschränken in der visuellen Wahrnehmung.
Dass man halt ganz bewusst sagt, nee, nee, das kriegst du noch nicht zu sehen, nur kleine Stücke, und jetzt probier mal selber, da irgendwie hinzukommen.
Also, ich find das ... Ey, das ist irgendwie ... Das ist richtig guter, atmosphärischer Horror, find ich.
Also, da auch noch mal ein anderes Beispiel in Madison.
Da bist du dann, ähm ... Also, an sich spielt das Game in einem Haus, in einem normalen Wohnhaus.
Aber du wirst dann halt teilweise auf so ein...
Einen Trip geschickt in irgendwelche verzerrten Räume. Und bist dann da auch einmal an einer Stelle in so einem ...
Ist das ein Kanalisationssystem oder ein Kellersystem, was ein bisschen unter Wasser steht?
Jedenfalls ist das stockfinster, keine einzige Lichtquelle. Dir wird deine Kamera weggenommen.
Und dann kriegst du nur ein kleines Feuerzeug, was halt ...
Viel weniger Licht bietet. Und dann zudem auch noch nach ...

[29:22] Fünf, sechs Sekunden einfach wieder selber ausgeht und du's dann wieder anmachen musst.
Und du weißt einfach an dem Punkt des Spiels schon, da muss irgendwas kommen.
Du wirst nicht einfach so in ein dunkles Kellersystem geschickt.
Und dann flüstert dir auch teilweise ganz nah in deinem Headset, also, man sollte das Spiel wirklich mit einem Headset spielen, dann ist die Atmo wirklich Peak-Performance.
Aber dann wird dir teilweise einfach dann in dein Ohr geflüstert.
Und du weißt einfach, wenn ich jetzt dieses Scheißfeuerzeug wieder anmach, dann steht doch da jetzt jemand.
Und wirklich, als ich das gespielt hab, ich war die ganze Zeit so angespannt.
Ich hab teilweise meine Augen auch so zugemacht, so halb zugekniffen, weil ich einfach wusste, okay, wie oft kann ich das Feuerzeug jetzt noch anmachen, ohne dass ich da irgendwas zu sehen krieg?
Und dann ist es auch noch so ein Labyrinth, wo du halt nicht so schnell rauskommst.
Also, je länger du da drin festhängst, wirst du dann halt gejumpscared.
Aber ja, ich finde, dieses Spiel mit den visuellen Eindrücken, das ist toll.

Nicolas:
[30:27] Ich finde, du sprichst da so eine Gameplay-Situation an, die man so oder so ähnlich vielleicht in anderen Horrorspielen als Variante findet.
Und das ist aus meiner Sicht eben auch kein Zufall wieder, ne? Weil, mh ...
Manchmal hat man ja vielleicht in solchen Spielsituationen das Erlebnis, dann offenbart sich endlich der Horror, und man ist irgendwie fast schon enttäuscht.
Weil es gar nicht so gruselig war, wie man es sich ausgemalt hat.
Und, äh, da können wir wieder zurückgehen auf diese Situation, dieser, dieser, ähm, dieser, äh, geringen Informationsdichte, die man hat, wenn man da im Dunkeln hockt und so.
Eine Eigenschaft des Menschen im Geist ist es ja, quasi diese Lücken in der Dunkelheit mit der eigenen Fantasie zu füllen.
Und das ist natürlich ein eleganter Kniff, den man sich als Game-Designer zunutze machen kann, weil quasi, ähm, die Fantasie der Spielenden als Quelle anzuzapfen für Horror ist insofern natürlich effizient, weil Menschen dann in bestimmten Situationen dazu neigen, diese Dunkelheit, diese Leere mit den Dingen zu füllen, die sie am meisten fürchten.
Ne? Im Sinne vielleicht einer, was wir in der Psychologie beziehungsweise Psychoanalyse als eine Projektion vielleicht bezeichnen würden.

[31:43] Und das ist natürlich, also solange das noch nicht aufgelöst ist, was dort lauert.
Und solange die Spieler ihre eigenen Fantasie überlassen sind, ist das natürlich so eine Art, eine sehr machtvolle Position auch.
Und dann fällt es, da muss man im visuellen Design des Schreckens, muss man extrem auftrumpfen, um auch die Erwartungen der Spielenden zu treffen und nicht hinter denen zurückzufallen. Ne?

Das Unheimliche bei Freud: Verdrängung, Angst und mehr


[32:06] Und damit wären wir, glaub ich, an einer Stelle gelangt, wenn wir über Projektionen und Ähnliches sprechen, äh, wo wir schon so in den Bereich der Psychoanalyse mit reinreichen.
Und, äh, da muss man sagen, Eine der wichtigsten Persönlichkeiten in der Psychoanalyse wird den meisten Menschen bekannt sein, ist ja der werte Sigmund Freud und auch der hat sich bereits Gedanken gemacht zum Unheimlichen.

[32:32] Natürlich noch nicht im Kontext auf Videospiele, aber so wie das mit dem Gedanken von vielen schlauen Frauen und Männern in der Geschichte ist, sind die häufig gut anwendbar oder in irgendeiner Form auch übertragbar, auch auf unsere heutige Zeit und moderne Medien.
Und auch damit hast du dich in deiner Arbeit beschäftigt, Stella, also mit dem Unheimlichen bei Sigmund Freud. Was hat der denn jetzt noch quasi dem, was Ernst Jensch da beobachtet hat, noch hinzugefügt mit dem, was er da so zur Verfügung hatte an intellektuellem Instrumentarium?

Stella:
[33:13] Ja genau, also Freud hat dann eigentlich so den Gedankengang von Jens dann fortgeführt, beziehungsweise hat sich gesagt...
Da fehlt irgendwas. Also irgendwie ist diese Linie von Gedankengängen nicht ganz vollständig, weil für ihn war die Erklärung von dieser intellektuellen Unsicherheit noch nicht ausreichend, um jetzt spezifisch dieses unheimliche Gefühl zu erklären.

[33:42] Und genau wie Jens hat er sich da auch wieder dann auf das deutsche Wort unheimlich und heimlich halt bezogen, dass das ja halt dieses Vertraute ausdrückt.

[33:52] Und in dem Schluss dann natürlich unheimlich irgendwie dann etwas, das uns dann unbekannt ist.
Aber was er dann dem Ganzen noch hinzugefügt hat, ist, dass eben dieses Vertraute, dieses Allherbekannte irgendwie entfremdet wird.
Also, dass Vertrautes entfremdet wird und dadurch, dass du es halt eigentlich kennst, aber dann irgendwie was falsch daran ist, Dadurch kommt erst dieses Unheimlichkeitsgefühl und Freud kam dann irgendwie zu der Erkenntnis, dass halt das Unheimliche durch etwas Verdrängtes zum Beispiel auch teilweise hervorgerufen werden kann, das halt wiederkehrt, also wieder auftaucht und dass das zum Beispiel auch krankhafte Ängste zum Beispiel sein können, die ursprünglich jede Art von emotionalem Affekt hätte sein können, aber halt durch Verdrängung teilweise dann vielleicht auch unterbewusst schon wieder verändert wurden und dann wirst du plötzlich wieder damit konfrontiert und dann fühlt es sich irgendwie verzerrt an und dass es halt dann insgesamt halt etwas Altes und Vertrautes ist, was im Geist verankert ist, aber dann entfremdet wurde eben.

Jessica:
[35:15] Das finde ich einen ganz, ganz wichtigen Punkt, also diese Idee, wir verdrängen Dinge aus allen möglichen Gründen, weil wir gerade nicht die, ich sag mal, mentalen und emotionalen Kapazitäten haben, uns damit auseinanderzusetzen.
Können dann Dinge sein, natürlich auch, die wir an uns zum Beispiel nicht mögen, nicht gut finden, die wir dann ein Stück weit von uns abspalten wollen vielleicht und mit denen wir uns nicht auseinandersetzen wollen.
Eben genauso wie Affekte, die sehr stark sind, also Emotionen, Gefühle, die wir uns nicht erlauben bezüglich anderen Menschen oder was auch immer, die dann verdrängt werden und das ist ja so eine der Kerntheorien quasi der Analyse auch zu sagen, okay, dadurch kriegen die natürlich eine Macht.

[36:15] Also wir müssen viele Ressourcen aufwenden, psychische Ressourcen meine ich damit, um, die ja unter Verschluss zu halten und die verdrängt zu lassen und das kann dann eben passieren, dass wir diese Abwehr langfristig nicht aufrechterhalten können und dass dann Dinge wieder nach oben kommen und genau dadurch, dass sie dann zum falschen Zeitpunkt kommen, dass Gefühle zum falschen Zeitpunkt kommen, dass Gedanken zum falschen Zeitpunkt kommen, werden sie eben mächtiger und können sie natürlich, weil wir uns nicht damit auseinandersetzen, so die Theorie quasi auch dadurch verzerrt werden.
Es wird einem entfremdet, sagt er, also das ist quasi, ich kann mal kurz zitieren, denn dies Unheimliche ist wirklich nicht Neues oder Fremdes, sondern etwas dem Seelenleben von Alters her Vertrautes, das ihm nur durch den Prozess der Verdrängung entfremdet worden ist.
Also das heimliche ja das womit ich mich erst mal womit ich erstmal konfrontiert war das ich kenne das verdränge ich und durch diesen verdrängungsprozess und die trennung quasi von dem dass ich mich damit nicht mehr auseinandersetzen muss und kann wird es mir fremd und wenn es dann wiederkommt.
Dann habe ich angst davor.

Nicolas:
[37:33] Ja, und man könnte sagen, dass das Unheimliche es erbt, eine Eigenschaft des Verdrängten, nämlich, dass es möglicherweise eben schwer auszuhalten ist.
Warum habe ich was verdrängt? Weil ich eben vielleicht es nicht ertrage, das jetzt gerade mich damit zu beschäftigen oder so, oder mich dem zu stellen, weil es vielleicht eng mit mir verbunden ist, zum Beispiel.
Und das ist ja eben das Erleben, was man auch hat, wenn man dann eben mit dem Befremdlichen, dem Unheimlichen konfrontiert ist, ist es dann im Zweifelsfall auch schwer auszuhalten.
Ja? Ist ein Spannungszustand, der dabei erzeugt wird.
Und, um wieder auf Game-Design-Ebene zu kommen, Spannung ist ja schon mal irgendwie in der richtigen Dosis und so ein gutes Tool, um die Spielenden bei der Stange zu halten. Nicht wahr?

Jessica:
[38:22] Ja, ich finde, du sprichst da was ganz Wichtiges an mit der Spannung, denn eins der Dinge, die ich an Game Design so toll finde, ist, es geht ja schlussendlich darum, dass man Gefühle auslöst bei den Spielern dann.
Also man macht etwas, ja, man designt eine Story, man gestaltet Gameplay-Elemente, baut Musik ein und so weiter, um bei den Spielen dann schlussendlich bestimmte Gefühle auszulösen.

[38:51] Horrorspielen, Angst, Unbehagen, was auch immer. Und da ist dieser Kniff eben so toll, den wir jetzt gerade so herleiten, der mich auch sehr an Amnesia erinnert.
Ist ja eine Horror-Reihe und das erste Amnesia, das wurde sehr gelobt.
Also man ist da in einem verlassenen Anwesen, hat natürlich sein Gedächtnis verloren und muss sich jetzt erstmal zurechtfinden und rausfinden, was eigentlich los ist, wo man ist, warum man da ist und so weiter.
Und da ist es so, dass es auch eine Form von Monstern, Schrägstrich Monstern, Fragezeichen, gibt, denen wir in gewisser Weise begegnen können.
Und die sehen wir aber die allermeiste Zeit nicht. Die allermeiste Zeit passiert auch gar nichts im Spiel, können wir uns relativ frei durch die Korridore begegnen, also diese Bewegen, diese Begegnungen sind eher selten, aber allein diese Erwartung, da ist irgendwas und ich weiß eigentlich gar nicht genau, was das ist und wann es mich wiederholt, das macht mir so ein Kopfkino unter Umständen.
Das kann eben genau so eine Projektionsfläche bieten, da gibt es irgendwas gefährliches, unheimliches, das sich mir nähert.
Und das ist, find ich, in Amnesia besonders gut gelungen.

Stella:
[40:17] Ja, es ist immer irgendwie dieses Spiel mit der Erwartungshaltung.
Das kann man immer sehr, sehr schön lange durchziehen, aber am Ende muss man dann noch irgendwie liefern. Hehehe.

Nicolas:
[40:28] Hehehe.

Jessica:
[40:30] Ja, das stimmt. Wenn man's dann nicht kriegt, dann ist man auch unzufrieden, weil auch eine Erwartung nicht erfüllt ist. Aber ist ja eigentlich blöd, man kann's ja fast nicht recht machen, gruselig, wie man es sich vorgestellt hat.
Meistens hat man ja gar keine genaue Vorstellung. Wenn ich da durch am Nidje laufe, habe ich jetzt nicht genau eine Vorstellung, wie dieses Monster, das da irgendwie sein könnte, aussieht.
Also ich habe kein Bild direkt vor mir, aber eben genau nur so ein Gefühlskonglomerat von, oh, ist das irgendwie bedrohlich?
Und das ist viel gruseliger, aber wie gesagt, das ist irgendwie super schwer da auch rauszukommen, weil wenn du das Monster dann zeigst, ist es nicht so gruselig, aber wenn du es gar nicht zeigst, dann ist man auch unzufrieden.
Dann löst sich ja auch dieses Mysterium, will ich sagen, gar nicht auf.

Stella:
[41:26] Ja, man will es ja dann auch wissen, man will ja den Wissensdurst dann irgendwie stillen, Also, man will ja dann wieder die intellektuelle Sicherheit haben.

Jessica:
[41:36] Ja, genau. Dann sind wir wieder bei Jens und bei Freud schlussendlich.

Tod und Leichen


Stella:
[41:42] Was ich noch ganz cool als Beispiel fand bei Freud und auch bei Jens, das hatten beide genannt, der Tod, beziehungsweise Leichen, dass die eben auch gerade dieses unheimliche Ausstrahlen für vor allem betroffene Angehörige zum Beispiel, weil eben so diese Unsicherheit über, ist der jetzt wirklich tot?
Also das hat ja auch ganz viele kulturelle Einflüsse, Glauben, Leben nach dem Tod, aber eben gerade war der Mensch noch lebendig, jetzt ist er tot und dann liegt dieser verzögerte, latente...
Lebensfaktor natürlich noch sehr nah, also, ähm, das, das fand ich auch ...
Ein gutes Beispiel, was natürlich dann wieder in ... den meisten Horrorgames natürlich in ...
Ich sag mal, Form von Zombies oder anderen lebenden Untoten aufgegriffen wird, aber einfach ...
Leben, Tod und dann die daraus resultierende Unsicherheit, das ist auch ... auch ganz cool.

Nicolas:
[42:53] Ja, oder um das aus kognitionswissenschaftlicher Perspektive nochmal zu umschreiben.
Es ist wieder dieser Kategorienfehler von belebten und unbelebten Objekt.
Ich stehe einer Leiche gegenüber und ein Teil meines Gehirns schreit, ja, das ist doch hier ein lebendiger, das ist doch ein Mensch, der hier liegt.
Der war auch vielleicht vor wenigen, vor kurzer Zeit auch noch am Leben.

[43:20] Und ein anderer Teil des Gehirns sagt, irgendwas stimmt nicht, irgendwas ist hier, irgendwas ist daneben, irgendwas ist, es sind bestimmte Voraussetzungen nicht erfüllt, die man gar nicht genau artikulieren kann, aber ein anderer Teil des Gehirns schreit eben, nein, das ist kein belebtes Objekt, sondern es ist ein unbelebtes Objekt.
Und, ähm, dieser, ja, sagen wir mal, dieser Kategorienfehler, der führt dann eben zu dieser Verunsicherung, ne?
Und der hat ja so eine Art spiegelbildliche Kehrseite.

[43:47] Nun gibt es ja auch quasi den umgekehrten Fall, dass man eigentlich eine Situation hat, wo man sagt, okay, das ist ein unbelebtes Objekt hier, ist offensichtlich kein Mensch, und auf einmal fängt es sich an zu bewegen wie ein Mensch.
Ja. Oder zu sprechen wie ein Mensch. Ne? Und das ist etwas, was wir aus so einer anderen, Sagen wir mal ästhetischen Linie des Horrors und des Body Horrors auch kennen, wenn wir über Roboter und ähnliches reden, ne?
Roboter sind eigentlich unbelebte Objekte, wir beweisen denen eigentlich Kraft unseres Verstandes keine Seele und keine eigentliche Belebtheit zu, sondern es ist letztendlich eine Maschine.
Ja, wenn sie sich bewegt, dann ist diese Bewegung eigentlich nicht aus sich selbst heraus motiviert, so wie das nur bei lebenden, bei belebten Objekten der Fall ist, sondern letztendlich hat jemand irgendwann einen Knopf gedrückt und der hat dann in tausend verschiedenen Schritten dazu geführt, dass sich diese Maschine bewegt.
Sie ist also nicht selbst bewegt, sondern sie wurde bewegt, letztendlich.

[44:53] Beim Fall von einem Roboter zwar über einen sehr komplexen Prozess, aber ja.
Aber trotzdem kommt dann diese Verunsicherung, wenn der Roboter anthropomorph ist, wenn er menschenähnlich ist.
Und dann das Gefühl, okay, mit was hab ich's hier eigentlich zu tun?
Und irgendwie ist das Ganze auch vielleicht doch ein bisschen gruselig.

Jessica:
[45:14] Der Body-Horror ist natürlich auch nochmal ein sehr spannender…, Bereich auf den ich gleich zurückkommen möchte aber ich möchte noch eine anmerkung zum thema tod machen ich glaube ja diese köpfe die da rumstehen wo ja auch alles tod schreit hinter in outlast zum beispiel und wir oft in horrorspielen ja irgendwie ja überall liegen dann irgendwie welche leichen stapel rum sind irgendwelche fliegen vielleicht außen rum man ist froh dass es kein geruchs gaming gibt Und so weiter, ja, eine Sache, warum das natürlich auch gruselig ist, ist, weil das Thema Sterben ja eine Urangst des Menschen ist und der Tod, was ja rein evolutionär auch total sinnvoll ist, denn würden wir uns davor nicht fürchten, dann wäre unsere Spezies wahrscheinlich schon ausgestorben, also wir sind ja darauf programmiert, in Anführungszeichen, uns vor Tod zu fürchten.
Dann kommt natürlich noch der ekel dazu wenn wir jetzt gerade diese diese leichenberge mit den fliegen und so auch das ist natürlich evolutionär dass wir und dass wir solche dinge eklig finden einfach weil da ziemlich viele krankheit erreger werden ja ja ja Ah, Nikolas, es trieft schon, ja, überall trieft es raus.

Nicolas:
[46:33] Wir wollen ja die Zuhörenden heute auch mit auf eine emotionale Reise nehmen, deswegen sag ich's noch mal, Maden, Madeneier. Ja.

Jessica:
[46:42] Die sich durch Fleisch fressen, ja, okay.

Stella:
[46:44] Mh!

Jessica:
[46:45] Lass mal, mh, Trauma-Zeug, ne? Ja, wir schmecken es durch, Nikolas, das hast du aber auch gemacht.

Nicolas:
[46:51] Oh, Jessica, ich bin ...

Stella:
[46:52] Mh! Sorry.

Nicolas:
[46:54] Come on!

Jessica:
[46:55] Ich konnte nicht aufhören, tut mir leid. Okay, zurück auf dem Weg.
Ich versuche es mal, zumindest das hier nicht völlig zu derailen.
Ja, wir sind evolutionär ja darauf auch ausgelegt, dass wir das eklig finden, weil Ekel uns natürlich davor schützt, Dinge anzufassen und dahin zu gehen oder es durchzuschmecken, ja.
Das ist deswegen grundsätzlich auch schon, egal ob die sich bewegen oder nicht, sind Leichne einfach deswegen gruselig, weil sie uns mit unserer eigenen Sterblichkeit schlussendlich, die wir ja auch gerne verdrängen, um den Bogen wieder zur Freude zu schlagen.
Die wir verdrängen, um uns mit dieser Angst nicht auseinandersetzen zu müssen und entspielen, sind sie halt in your face. So, hier geht's um Tod, hier geht's um Verwesung, hier geht's um eklige Dinge.
Setze dich damit auseinander, ob du möchtest oder nicht.

Nicolas:
[47:47] Man könnte auch sagen, im menschlichen Gehirn ist so eine Art bestimmtes Wissen angelegt über Leben und Tod, in dem Sinne, dass wenn Dinge tot sind, dass sie in der Regel sich nicht von alleine anfangen zu bewegen, zum Beispiel, ne.
Und das ist ein Element, was ja dann häufig im Horror auch genutzt wird.
Und das führt aber, sagen wir mal, diese Eigenschaft des menschlichen Geistes führt zu, sagen wir mal, zum Beispiel der folgenden Situation, dass wir ein Objekt haben, eine Kaffee-, eine Teekanne auf den Tisch oder so.
Wir sind uns sicher, das ist ein unbelebtes Objekt, das ist tot im eigentlichen Sinne quasi. Das wird sich nicht von alleine bewegen.
Wenn es dann aber so in einer klassischen Geistergeschichten-Setting, das greife ich dem schon vorweg, anfängt sich zu bewegen, dann sagt unser Gehirn, das kann nicht sein.
Das ist ein unbelebtes Objekt, das bewegt sich nicht von alleine.
Das muss jemand bewegt haben. Jemand anderes hat es bewegt. Es kann sich nicht von alleine bewegen.
Die Ursache für die Bewegung muss woanders liegen, außerhalb des Objektes.
Aber ich sehe gar niemanden, ich sehe keinen Verursacher.
Ja, und was macht man dann? Ja, okay, der Verursacher ist unsichtbar. Es ist ein Geist.

Jessica:
[49:00] Ja?

Nicolas:
[49:02] So. Ähm, und das ist quasi, also, diese Konstruktion des Geistes ist eigentlich quasi ein Resultat dessen, wie das Gehirn funktioniert.
Ähm, in dem, weil Gehirne, oder, ne, der menschliche Geist versucht sich immer einen Reim zu machen auf seine Umgebung.
Versucht immer eine Erklärung zu finden für das, was es sieht.
Ne, und eben, wenn eine Kaffeekanne auf dem Tisch sich eben bewegt, dann versucht es sich einen Reim zu machen und fragt zum Beispiel, okay, was, was, was für eine Aktion hat hier stattgefunden, was für eine Handlung, was für ein Event ist das, das ich gerade gesehen habe.
Ne, und in dem Fall Bewegung, aber, Mein Gehirn sagt, das ist ein Objekt, das kann sich nicht selber bewegen, also muss es einen Verursacher gegeben haben.

[49:45] Das ist das selbe Prinzip, das zugrunde liegt in manchen Kulturen, in dem Rauschen der Blätter von einem Baum im Wind wird eine Gottheit dahinter vermutet, die quasi diese Blätter bewegt hat.
Weil man weiß eben, die Blätter bewegen sich nicht von alleine, dem muss ja jemand bewegt haben.
Und anstatt dann irgendwie eine komplizierte, physikalische, meteorologische Erklärung dafür zu finden, sagt man, jemand hat es bewegt, jemand Unsichtbares, ein Gott. So, ne?
Das ist die eine Variante. Die andere Variante wäre, man spricht dem doch eine Lebendigkeit zu, diesen Objekt. Das kann gegebenenfalls aber auch...
Verstörend sein, weil es nicht dem entspricht, was eigentlich unser, ähm, ja, unser Gehirn erwarten würde dann, ne?
Man kann auch sagen, okay, vielleicht ist es eine belebte Kaffeekanne mit einer eigenen Persönlichkeit, so à la die Schöne und das Biest oder so, ne?
Das ist die andere Variante. Dazu ist unser Gehirn grundsätzlich in der Lage, sonst würde die Schöne und das Biest nicht funktionieren, ne?
Ähm, aber, genau.

Jessica:
[50:52] Aber dort, wo es in diese andere Richtung driftet, quasi schon die bausteine für eine für eine geister erfahrung der unterschied würde ich sagen ist der in einem konzept das willings suspension of disbelief heißt also wir können ja in die schöne und das beast können wir uns auf diese welt einlassen dass es da belebte kaffeekannen gibt und klar die sind natürlich auch so dargestellt dass sie einfach freundlich und nicht gruselig sind ja die machen uns keine Angst, da ist gleich die Message, hey, alles gut, ist das nicht gruselig?
Und wir haben eben, wir lassen uns darauf ein, eben genau das, was du sagst, nicht zu machen.
Nicht diese Maschinerie, die fast automatisch angeht von, okay, das kann nicht sein, da muss es eine externe Kraft geben, die jetzt irgendwie diese Dinge bewegt oder so.
Die können wir, ja, für Märchenfilme und so was, können wir die ausschalten, können sagen, okay, können wir die ausschalten, können sagen, okay, das ist eine andere Welt, in der ist das möglich, dass sich diese Dinge bewegen können und es ist einfach nicht gruselig.
Und vielleicht ist auch das nochmal so eine Game-Design-Geschichte.
Wie schaffe ich das, eine Welt zu vermitteln.

[52:09] Von der ich sage, hey, sie funktioniert im Großen und Ganzen physikalisch genau wie deine.
Also du brauchst deine Suspension of Disbelief quasi nicht auszuschalten.
Moment, ja genau. Also du kannst, nein, jetzt sage ich es falsch, die Suspension ist ja schon die, ich schalte es aus.
Also, oh Gott, es wird kompliziert. Jedenfalls, du brauchst nicht zu glauben, dass diese Welt so viel anders ist als deine.
Also wenn hier komische Sachen passieren, dann kannst du genau wie in deiner Welt davon ausgehen, dass hier was absolut nicht stimmt.
Es ist nicht normal, dass sich Dinge bewegen und das muss ich ja auch erst mal gut transportieren, dass eben Menschen nicht genau in dieses, es ist eh eine völlig andere Welt mit anderen Regeln, da können sich Dinge auch bewegen.
Ja, gibt's vielleicht irgendwie hier die freundliche Kaffeetasse oder so, die nett zu mir ist, sondern das irgendwie gut hinzukriegen, diese Message zu vermitteln.
Ja, das ist, glaub ich, eine Artentscheidung unter Umständen.
Das ist eine Storytelling-Entscheidung und so weiter. Wie man das gut rüberbringt.
Ich glaube, deswegen funktionieren manche Horrorspiele bei mir nicht, weil ich da zu schnell in dem ... Ja, es ist ja eine andere Welt, können ja sein, dass sich da Dinge bewegen. Das ist ein Abwehrmechanismus möglicherweise.
Ja, unter Umständen schon.

Nicolas:
[53:29] Das hat nichts mit mir zu tun.

Jessica:
[53:31] Ja, ja, ja, ja, sehr gut, ja, absolut.

Body Horror


[53:37] Ich würde gerne nochmal einen Schritt weitergehen mit euch, nämlich den Body-Horror nochmal kurz aufgreifen.
Wir haben da auch schon vor zwei Jahren in der Folge darüber gesprochen, also die an dieser Stelle auch gerne nochmal empfohlen.
Aber ich finde, das ist auch für heute ein Konzept, das relevant ist.
Zu verstehen wie horror ästhetik funktioniert was das ja auch in deinem in deiner arbeit aufgegriffen stella also.
Body horror ist ein begriff der eigentlich aus der filmwissenschaft kommt da spricht man vom body genre wo man sagt es gibt sogar drei genres quasi in diesem body genre.
Das eine wäre der horror und der body horror das zweite wäre pornografie und das dritte wäre das melodrama.
Nämlich es geht bei allen dreien darum den körper in menschlichen extremen quasi ja sexuell in in porno emotional in dem melodrama und ihm das physische körperliche.
Light auch im body horror darzustellen also es geht um bestimmte arten körper darzustellen und ja jetzt haben wir schon über leichenberge und sowas gesprochen und über maden.

[54:58] Okay, ich muss gleich noch ein Beispiel bringen von einem Spiel, das auch mit Maden zu tun hat und Körpern.
Jedenfalls, die Idee dieses Body Horrors ist quasi, es geht eben darum, dass der menschliche Körper irgendwie stark verändert wird.
Ein Spiel, das mir die ganze Zeit da schon durch den Kopf ging, das ich unbedingt heute noch unterbringen wollte, ist ein relativ unbekanntes, das heißt Pumpkin Eater.
Man findet das manchmal in Bundles auf Erdbeeren, Man findet das manchmal in Bundles auf it. Man kann es natürlich auch einfach bei Steam kaufen.
Das ist ein relativ unbekanntes Spiel, das im Rahmen von einem Game Jam entwickelt worden ist, in sehr kurzer Zeit.
Und die EntwicklerInnen wollten ein Spiel machen, in dem sie den Verfall eines Körpers möglichst detailliert und biologisch korrekt darstellen.
Und die Story des Spiels ist quasi, wir haben eine Familie, die will irgendwie einen Ausflug machen oder so.
Vater, Mutter und zwei Kinder. Und der Papa steigt ins Auto und so eine Mann spielt irgendwie hinter dem Auto. Ich weiß nicht mehr genau, wie das war.
Jedenfalls, So ein Mann verliert seinen Kopf, um es kurz zu machen.

Stella:
[56:11] Mh!

Nicolas:
[56:11] Ups.

Jessica:
[56:13] Ja. Happens. Sorry. Mama kommt in einen ...
Also, man kann über die Darstellung von psychischen Geschichten in diesem Spiel diese natürlich kritisch.
Denn Mama fällt in irgendeinen komischen Abwehr-Verdrängungs- whatever-Mechanismus und sagt, ach nein, Kind wird wieder gut.
Das ist irgendwie um Halloween. sie stülpt ihm so einen Kürbis als Kopf über, da wo halt der Kopf eigentlich sein sollte, setzt so eine Mann in einen Rollstuhl und sagt, ach das wird wieder, das wird wieder und so eine Mann, lebt in Anführungszeichen dann mit in der Familie über viele Tage und das ist also es ist gezeichnet ja es ist jetzt nicht 3D oder so es ist 2D.
Ja man stellt dann dar und beschreibt dann eben auch wie das dann mit dem Sohn und den Maden und ach da irgendwie läuft es aus dem raus der Arme braucht hier nochmal was rum und so und so geht es quasi über dieses Spiel und Das ist, also wir haben einerseits den Horror, okay, wir haben eine Figur, die irgendwie ihren Kopf verliert, ja, das ist schon mal eine, würde ich sagen, drastische Veränderung des Körpers, plus wir haben dann diesen Prozess über das Spiel hinweg, wie es mit diesem Sohn dann weitergeht.
Und es ist ein sehr interessantes Experiment, würde ich sagen, ein spielerisches.

[57:34] Also es sind so auf dem grad zwischen wir wollen es also wir wollen wir wollen uns mit diesem verwesungsprozess auseinandersetzen einerseits und andererseits es gibt halt automatisch selbst wenn sie es gar nicht wollten sofort in horror.

Nicolas:
[57:50] Also während Jessica das so erzählt ich merke bei mir und ich sehe bei Stella auch so ein Grinsen weil das ganze ist doch schon reichlich absurde Prämisse bis hin dass man das schon irgendwie auch ein bisschen lustig findet eigentlich die Idee.
Und das macht es möglicherweise auch ein bisschen erträglicher, diese eigentlich wirklich entsetzliche, schreckliche Situation.
Wenn die so ein bisschen humoristisch quasi geframed wird, da würde man bei Freud vom Humor auch als einen reifen Abwehrmechanismus sprechen, der macht es ein bisschen erträglicher, diesen Schrecken irgendwie Herr zu werden.

Jessica:
[58:28] Das ist gut, was du da sagst, Nikolas, weil das, finde ich, ja, grundsätzlich das Tolle an Spielen, und dass sie uns so näher ...
Ganze Palette an Gefühlen eröffnen können, viele eben auch gleichzeitig, sodass einerseits irgendwie belustigt sein über diese absurde Situation, andererseits irgendwie ja es kommt automatisch halt ein Ekel auf von dem, was da passiert, plus irgendwie den Horror, diese Vorstellung, also die Schwester, die ist eben nicht in diesem Abwehrding drin, sondern die muss dann halt mit ihrem fauligen Bruder, mit ihrem faulen Bruder im wahrsten Sinne, jetzt in diesem Fall in einem Zimmer, dann irgendwie nächtigen jeweils.
Also, wir haben irgendwie diese ... können uns in verschiedene Charaktere irgendwie auch reinversetzen und da ganz andere Gefühle jeweils auch wahrnehmen.
Das ist was, was ich an Spielern so toll finde, was für verschiedene Gefühle, was für ein Buffet an Gefühlen sie uns bereiten können.

Stella:
[59:26] Ja, total spannend. Also, die Geschichte an sich ist ja total morbide.
Aber dann bestimmt auch durch den Artstyle ...
Ich kenn das Spiel persönlich nicht, aber wenn das 2D ist, denk ich mal, dass der Artstyle ja auch viel dazu beiträgt, dass es dann noch mal abgeschwächt wird.

Jessica:
[59:45] Vielleicht noch mal eine ganz kurze Side-Note, was man da, find ich, auch bedenken muss, ist natürlich, dass es auch für die Menschen, die das dann grafisch umsetzen müssen, unter Umständen sehr belastend sein kann.
Also jetzt in dem Fall vielleicht nicht so sehr, weil das noch irgendwie sehr deutlich ist, dass es eben nicht die Realität ist.
Aber ich meine, das ist eine Kotaku-Reportage gewesen. Ich muss mal schauen, wo das war und pack das in die Schaunots, wenn ich es wiederfinde.

[1:00:13] Dass es eben grade, glaub ich, in der, ich weiß nicht, ob's Mortal Kombat-Reihe war oder daran angelehnte Spiele jedenfalls, gibt's Interviews mit Menschen, die dafür, also für diese ja sehr, sehr grafischen, viszeralen Darstellungen von Verletzungen und so was, dass sie eben berichtet haben, sie haben dafür sich dann Videos von Schweineschlachtungen und so was angeschaut, um eben ja so eine Idee davon zu bekommen, wie es wie schlimme Verletzungen an Körpern irgendwie aussehen können und wie sehr das blutet und so weiter.
Und die haben tatsächlich davon berichtet, dass sie da auch traumatisiert von waren und schlecht schlafen konnten und so weiter und so fort.
Und vielleicht tatsächlich wirklich in Richtung von der posttraumatischen Belastungsstörung dann auch entwickelt haben.
Das ist was, was man natürlich auch bedenken muss, ja, Horror-Spiele, das macht auch was, nicht nur mit den Leuten, die es spielen, sondern eben auch mit den Leuten, die es machen müssen.

Nicolas:
[1:01:16] Auf Seite der Spielenden gibt es ja dann in Deutschland eben auch dann einen Jugendschutz, zum Beispiel der entsprechende Titel mit einer Altersfreigabe versieht oder im internationalen Bereich die PEGI, die dort Altersempfehlungen abgibt.
Beziehungsweise in Deutschland ja sogar bis hin zu einer Indizierung eines Titels führen kann, ein Verkaufsverbot.
Das ist ja die Domäne auf jeden Fall, in der sich zum Beispiel unser Kollege Benjamin, der heute nicht hier sein kann, der gerne auch hier gewesen wäre und mit uns darüber zu reden, sich besonders gut auskennt.
Aber lasst uns zurückkehren zu dem Body-Horror, zu dem Thema.
Stella, du hast dich in deiner Arbeit mit Body-Horror auseinandergesetzt.
Was hast du da rausgefunden? Lass uns teilhaben an deinen Erkenntnissen und in welchem Zusammenhang stehen die auch zum Unheimlichen gegebenenfalls, was wir schon besprochen haben.

Mischwesen und zusammengesetzte Monster


Stella:
[1:02:19] Ich schließe da einfach mal an das an, was Jessica so schön schon erklärt hatte und gehe einfach mal weiter.
Und Ronald Cruz war das, glaub ich, der hatte schön beschrieben, wie das Spiel mit der Angst vor der eigenen Zerstörung zu diesem Unheimlichen auch führen kann. Eben wie bei z.B.
Zombies oder anderen Kreaturen, was Jessica meinte, dass da mal ein Bein amputiert wird oder was anderes wieder rangesteckt wird.
Einfach diese morbide Angst von dieser möglichen Zerstörung, die dann im Mittelpunkt von diesem Body-Horror-Genre dann auch steht.
Und daher kann man dann dieses Body-Horror-Genre eben zum Beispiel auch als biologischen Horror bezeichnen.
Also zum Beispiel dann auch, wenn das dann in Abnormalitäten wie dann Aliens oder andere außerirdische Kreaturen geht, dann vielleicht teilweise menschlich sind, wie eben zum Beispiel wieder der Xenomorph aus Alien, die ganzen HR-Giga-Kreaturen, die halt außerirdisch, aber eben doch menschlich sind, eben teils bekannt, aber entfremdet.

[1:03:38] Genau, Noel Carroll war das, glaube ich, auch, der hatte dann eben beschrieben, wie halt insgesamt das Horror-Genre natürlich eben von Monstern und Kreaturen geprägt ist.
Und diese eben eine Störung der natürlichen Ordnung darstellen, war das, glaube ich.
Da sie halt eben abnormal sind und das dann halt eben dann so eine Brücke darstellt zu biologischem Horror, Body Horror und dem heimlichen und das dann natürlich auch mit Ekel und Abscheu dann halt ganz stark gespielt wird, wenn man eben zum Beispiel sieht, wie Körper verstümmelt werden, man das dann auf sich selbst projiziert.

[1:04:27] Und Wesen bzw. Kreaturen hat Carol dann als etwas Außergewöhnliches beschrieben in einer gewöhnlichen Welt.
Also etwas, was irgendwie einfach nicht reinpasst, aus dem Konzept fällt.
Und um da dann auch nochmal ein bisschen an Jens und Freud wieder anzuknüpfen.
Da hat er auch eben wieder hervorgebracht, Kreaturen wie Zombies oder Geister, also lebende Tote, die halt eben diese Brücke darstellen zwischen Leben und Tod, sind halt eben so extrem widersprüchliche Kreaturen und Wesen, die halt sehr zentral für dieses Body-Horror-Genre einfach sind.
Und die sind halt kategorisch unvollständig, hat er es, glaube ich, bezeichnet.
Dass halt zum Beispiel einfach mal ein Arm, ein Bein fehlt, aber sie dann trotzdem sich irgendwie noch fortbewegen und das halt einfach einem nicht ins Gehirn passt, wie das überhaupt funktionieren kann, um das mal so auszudrücken.

Nicolas:
[1:05:36] Ja, ne, also bis im Extrem, ne, Menschen haben so eine Art Vorstellung davon, wie sich, ähm, die Körper von Lebewesen verhalten können, ne, ähm, wenn wir, oder auch welche, zu welchen Bewegungen sie imstande sind, ne, das würde man als Biomechanik bezeichnen, und Menschen haben so eine Art intuitive Vorstellung von Biomechanik.
Dass bestimmte Bewegungen zum Beispiel an Gelenke gekoppelt sind und mithin sich Arme und Gliedmaßen nicht komplett frei bewegen können in der Regel, zumindest bei menschenähnlichen Dingen, sondern dass die bestimmten Beschränkungen überw- ähm, unterworfen sind, genauso wie ich nicht quasi mit einem Glied- mit meiner Gliedmaße durch meinen Körper hindurch reichen und am Rücken wieder rauskommen kann oder so.
Das ist ein Hindernis und dessen sind wir uns quasi bewusst und gruselige Eindrücke entstehen dann, wenn wir es mit Verletzungen von solchen biomechanischen, vermeintlichen Gesetzmäßigkeiten zu tun haben.
Wenn sich Gliedmaßen in Winkeln bewegen und abspreizen und Ähnliches, die unnatürlich sind, wo das Gehirn schreit, oh, das geht nur dann, wenn hier eine Verletzung vorgelegen hat und dieses Gelenk quasi schon zerstört worden ist, aus der Kapsel ist.
Das ist irgendwie falsch, das fühlt sich nicht richtig an.

[1:07:02] Sagen wir mal, eine milde Form von diesem Phänomen findet man sich, wenn Leute, es gibt so bestimmte Tanzrichtungen, ne, also auch so Robotik-Dance-mäßig, wenn Leute dort Bewegungen durchführen, die quasi unmöglich scheinen oder so, ne?

[1:07:20] Die scheinbare Verletzung dieser Biomechanik, dessen, was zu dem Menschen, die körperlich in der Lage sind, eben darstellen, dann hat man so einen Überraschungseffekt.
Und wenn sich das also im Bereich vom Horror, wenn sich diese Überraschung quasi, ähm, ja, wenn sie dann durch den Kontext und so etwas groteskes vielleicht kriegt und so, dann ist das ein Schreckensmoment.

Stella:
[1:07:44] Ja, genau, um dann nochmal an Carol dann anzuschließen, ähm, er hatte gesagt, dass es eben dadurch dann auch furchtanflößend ist, weil es halt außerhalb kultureller Kategorien liegt und dadurch halt zwangsläufig unbekannt ist und einfach außerhalb dieser Grenzen von dem Bekannten liegt.
Und genau ein anderer, ich weiß leider nicht mehr, wie die Quelle heißt, aber jemand anderes hatte noch argumentiert, dass die Definition von Monstern, beziehungsweise er hat die Definition von Monstern noch ein bisschen näher an das Unheimliche herangerückt, im Sinne von Freud und Jentsch, in dem er argumentierte, dass neben diesen kategorischen Verstößen, die eben außerhalb dieser uns bekannten Grenzen liegen, ähm ... diese ...
Verletzung zwischen Mensch und Nichtmensch das Unheimliche ist.
Und dass halt eben Xenomorph zum Beispiel halt diese perfekte Verschmelzung von Menschlich und Nichtmenschlich ist.
Und deswegen dadurch einfach so unheimlich wirkt.

Jessica:
[1:08:59] Also, in deiner Arbeit hast du geschrieben, dass es ein Mensch namens Higgins war?

Stella:
[1:09:03] Ja, das kann sein.

Jessica:
[1:09:04] Mhm. Lass mich noch mal schauen. Das spielt ja auch wieder mit dem, ich hab quasi eine Vorstellung von meinem eben nicht violated Körper.
Und mit dem, also, ja, der wird irgendwie verschmolzen, mit was anderem zusammengenommen, was eben nicht mein Körper ist.
Und dieses, ja, also ein Monster kann irgendwie fast, aber eben nicht ganz menschlich sein.
Das ist irgendwie so auf dieser Zwischenlinie. Oder eben dieses, ein Teil von mir wird violated mit irgendwas anderem.
Dass das gruselig ist.

Nicolas:
[1:09:46] Man muss sich auch vergegenwärtigen, der Körper ist ja so gewissermaßen das heimeligste, was wir haben. Denn hier sind wir zu Hause, hier ist unsere Seele quasi zu Hause.
Und wenn dieses Heim, in dem ich, meine Essenz quasi beheimatet ist, wenn die quasi, ähm, ja, verwundet wird, wenn die in Unordnung gebracht wird, dann ist das ein Eindringen halt in das Allerheiligste, ne?
Wenn man den Körper, wenn man es als religiöse geht, den Körper als Tempel betrachtet, dann ist das quasi die Entweihung des Tempels, wenn es um den eigenen Körper geht und ein Aufbrechen des dessen, was einem am allerheimlichsten, war.
Durch das unheimliche.

Stella:
[1:10:33] Ja.

Jessica:
[1:10:35] Da hast du ein schönes Zitatsteller rausgesucht, das zitiere ich jetzt einfach mal an dieser Stelle, da sagt Higgins, What would make monsters so terrifying but fascinating at the same time would lie in their disturbing but compelling combination of the self and the other, letting them reside in the uncanny valley.

Das Uncanny Valley


[1:10:59] Ich finde das mit diesem disturbing but compelling, es ist einerseits irgendwie verstörend, aber irgendwie auch anziehend so ein Stück weit.
Kombination von eben sich selber und einem anderen, was dann so ein uncanny valley macht, was ja auch ein Begriff ist, den du dann noch weiter ausgeführt hast in deiner Arbeit.
Vielleicht ist das ein guter Zeitpunkt, da gleich noch weiter ins Uncanny Valley zu gehen und uns dann auch mit deinen Study Cases, die du dir ausgesucht hast, noch zumindest kurz auseinanderzusetzen. A.

Stella:
[1:11:40] Auf jeden Fall. Ja, wollen wir vielleicht… B.

Jessica:
[1:11:43] Oder länger.

Stella:
[1:11:43] A. Oder länger. Ja, wollen wir einen kurzen Abstieg in Masahiro Moris Theorien machen.
Genau, die Theorien von Mori hatte ich nämlich auch einmal kurz in meiner Thesis angerissen und das war eben ein Robotics-Professor, der eben erforscht hat, wie eben Roboter bzw.
Maschinen, die von einer Skala von nichtmenschlich bis eben sehr menschlich gehen können.

[1:12:23] Er hat es mit einem Graphen dargestellt, dass je weiter ein Roboter eben menschlich wirkt, es einen Zeitraum gibt, wo die Empathie von Betrachtern steigt, aber eben nur bis zu einem ganz gewissen Punkt, wo dann der Höhepunkt auf einmal ganz extrem wieder abfällt, sobald dieser Roboter eben einen sehr, sehr hohen Grad an Menschlichkeit erreicht hat.
Aber dadurch eben, dadurch, dass uns selbst halt alle Vorgänge des menschlichen Körpers und Ausdrücke im Gesicht natürlich so bekannt und selbstverständlich sind, dass dann ab einem gewissen Punkt einfach diese ganz, ganz kleinen Kleinigkeiten, diese Feinheiten zum Beispiel eben im Gesicht ganz, ganz groß hervorstechen.

[1:13:15] Er hatte da glaube ich auch das Beispiel genannt, wenn jetzt eben so ein weit fortgeschrittener Roboter sehr, sehr akkurate Gesichtsmuskulatur hätte, die einwandfrei funktioniert, aber er dann ein Lächeln ausführt, aber nur in halber Geschwindigkeit, wie es normal wäre, würde für jeden Betrachter dieses, diese Freude, die der Roboter vielleicht eigentlich darstellen sollte, wird ganz schnell einfach zu Feindseligkeit vielleicht auch, dass dann der Betrachter plötzlich einen Cut hat.
Ja, bis zu dem Punkt warst du mir jetzt noch irgendwie sympathisch, aber jetzt stimmt irgendwas nicht mehr. Was bist du eigentlich? Bist du Maschine?
Bist du mehr? Bist du mir gut gestimmt? Bist du feindselig?
Das hatte er dann halt eben in seinen Studien, in seinen Forschungen halt beschrieben wie eben diese, dieser Graph verläuft von Empathie zu Feindseligkeit in dieser Entwicklung bei Robotik.

Nicolas:
[1:14:21] Das hat ja so ganz schwerwiegende Konsequenzen für die Entwicklung von Videospielen, wenn es um die Darstellung von Menschen und oder menschenähnlichen Figuren geht.
Weil wir haben ja so eine Art ...
Wir haben immer ausgefeiltere technische Mittel zur Verfügung, um immer fotorealistischere Abbildungen von Menschen oder menschenähnlichen Figuren in Videospielen umzusetzen.
Die entsprechenden Rendering-Technologien und Animationstechnologien und so, die entwickeln sich weiter von Motion Capture über wirklich das Rendering unterschiedlicher Hautebenen, in denen sich das Licht unterschiedlich bricht.
Und damit, wenn wir uns diese Kurve vergegenwärtigen, da das uncanny valley, damit ist es theoretisch auch immer leichter, quasi ran zu rücken in einen Bereich, wo wir so menschenähnliche.

[1:15:23] Virtuelle Objekte schaffen können, dass wir Gefahr laufen eben, dass die kleinen Abweichungen, die dann doch da sind, auf einmal besonders stark hervorstechen.
Und das ist ein Vorwurf, den sich ja auch einige Videospiele ausgesetzt gesehen haben.
Oder weiterhin ausgesetzt sehen. Dass die Charaktere irgendwie goofy aussehen, ins Uncanny Valley fallen, das irgendwie nicht passt. Ob das nun ein Mass-Effekt Andromeda zum Launch war. Oh, ja. Oder ...
Ähm, ja, oder andere ... Spiele, ne?
Das heißt also, unabhängig vom Horror ist das Uncanny Valley eine allgemeine Herausforderung auch für Game-Designer und Game-Designerinnen.
Ne? Und andererseits ist es ein Tool, eine möglicherweise erwünschte Wirkung, eben wenn wir in diesen Horrorbereich reingehen.
Da wollen wir vielleicht grade das Uncanny Valley haben und möglichst tief reinfallen, um eine emotionale Ablehnung bei den Spielenden hervorzurufen als gewünschtes gewünschte Zielreaktion.

Jessica:
[1:16:26] An der Stelle kurz auf ein Video verweisen, das ich in dem Zusammenhang sehr spannend finde von Jacob Geller, ein sehr bekannter Video-Essayist, der hat ein Video gemacht, An Uncanny Reality, dass er beginnt mit einem Ausschnitt aus Silent Hill 2, dass er als Beispiel anführt von, im einen Moment sehen diese Charaktere, ja, PS2-Grafik, muss man sagen, sehen ziemlich gut aus von den Gesichtsanimationen.

[1:17:05] Und man glaubt es so fast, auch wenn es natürlich grafisch völlig klar ist, dass das nicht die Realität ist, aber in den Gesichtszügen und in der Bewegung haben wir so Momente, in denen es perfekt getroffen ist und im nächsten Moment kippt es so.
Und dann haben wir ein bisschen slightly of ja, Lächeln oder Augenpartie oder irgendwas ist so ein bisschen, Ja, und dann kippt es, kippt es ganz extrem und es hat sofort diesen gruseligen Effekt und das finde ich eben so ein interessantes Beispiel, weil es da noch gar nicht um Fotorealismus ging.
Also ich bin voll bei dir, Nikolas, dass das jetzt immer eine größere Herausforderung werden wird, genauso ja auch wie mit den echten Robotern, die ganz lange einfach so unmenschlich waren, dass klar war, aber jetzt Roboter ja auch gemacht werden, die, find ich, auch schon sehr in dieses Uncanny Valley fallen.
Aber hier haben wir eben wirklich auch was. Es ist klar, es ist Videogame-Grafik, es ist PS2-Grafik.

[1:18:11] Und die Animatoren haben es aber geschafft quasi, manche Momente richtig gut zu treffen, dass sie richtig menschlich sind. Und dann kippt es so, weil's im nächsten Moment eben nicht mehr gelingt.
Und auch das macht so ein Uncanny Valley.
Also, in dem Video ist natürlich noch sehr viel mehr drin, aber ... Das mal als Einstieg.

Stella:
[1:18:30] Um daran vielleicht einmal anzuknüpfen, weil du ja meintest, da war's ja eben noch nicht, vor allem auch technisch möglich, aber fotorealistische Grafiken darzustellen.
Und man weiß einfach, ja, es ist ein Spiel.
Ähm, was ich letztens wieder, ähm, mal durchgespielt hatte, weil ich das, das ist ewig her, dass ich das gespielt hatte, und ich wollte einfach mal einen neuen Run machen, Heavy Rain, wenn euch das was sagt.
Eben dieses interaktive Storygame von Quantic Dream und das ist ja auch schon 15 Jahre alt, ich weiß es gerade gar nicht.
Auf jeden Fall wurde da damals 2006 glaube ich auf irgendeiner Expo so ein Demo-Video gezeigt, wo sie eben.

[1:19:15] Ihre herausragende Motion-Capturing-Technik demonstrieren wollten.
Und halt zeigen wollten, wie brillant das eben schon ist, wie fortgeschritten die Technik ist.
Und da waren dann entgegen den Erwartungen viele Zuschauer verstört von dieser Demo.

[1:19:34] Weil eben diese, die Motion-Capturing-Technik war gut, natürlich war die total fortschrittlich für die Zeit, Aber dadurch, dass eben versucht wurde, die Charaktere, die Modelle so menschlich und echt darzustellen und versucht wurde halt mit den Texturen und Modeling-Techniken, die damals halt zur Verfügung standen, so gut wie möglich darzustellen, aber eben halt nicht ganz ausreichend waren, um halt wirklich den hundertprozentigen Grad an Realismus zu erreichen, war halt dann für viele Betrachter irgendwie ein ungutes Gefühl bei der Sache dabei, als sie dann gesehen haben, wie sich diese Charaktere halt einfach bewegen, wie der Gesichtsausdruck dargestellt wird, wie sie blinzeln, wie sie den Mund bewegen, dass der Mund halt teilweise vielleicht ein bisschen zu weit offen steht, offen steht oder die Mundwinkel einfach nicht richtig funktionieren, wie sie vielleicht funktionieren sollten oder die Hände zu steif sind und sich nicht richtig bewegen und die Gestik einfach nicht passt.
Das finde ich auch ein cooles Gegenbeispiel dann dazu eben das Silent Hill 2, da war es natürlich noch nicht möglich mit Fotorealismus, aber da wo dann eben mit Fotorealismus geworben werden wollte, war es dann verstörend.

Nicolas:
[1:20:58] Ein anderes Beispiel aus jüngerer Geschichte war es auch until dawn, das auch häufig, sagen wir mal, ja, auch kritisiert worden ist für so ein Uncanny Valley Gesichtsanimation.
Da ist aber wieder, weil wir eben uns im weiteren Sinne im Gruselgenre dort bewegen, die Frage, wie viel davon ist unfreiwillig einfach geschehen.
Und vielleicht war es ja auch so, sodass die Entwickler gesagt haben, okay, fuck it, let's go with it. Äh, wenn die sich gruseln, haben wir auch einen Teil des Ziels schon erreicht.
Ähm, ja genau, aber also, bei einem Teil der Spielerschaft ist das eben dann auf Kritik gestoßen.
Und die haben sich dadurch irgendwie, ähm, ja, irritiert gefühlt.

Funktioniert absichtliches 'uncanny' Design?


Jessica:
[1:21:48] Selam, ich würde mal interessieren, Denkst du, man kann das auch als Stilelement bewusst in Horrorspielen einsetzen?
Also, wir haben irgendwie ein Spiel mit einer sehr guten Grafik und begeben uns absichtlich bei manchen Animationen oder Facial Expressions oder sowas in das Uncanny Valley?
Oder vermutest du, dass dann die Resonanz ist, ihr habt's halt nicht gut gemacht?
Also das stelle ich mir so als sehr schmalen Grat vor, ob es dann als technisches Nichtkönnen, rüberkommt und deswegen kritisiert wird, oder ob Menschen auch glauben können, okay, sie hätten es besser können, aber sie haben es mit Absicht gemacht, dass es dieses Uncanny macht. You know?

Stella:
[1:22:40] Also, als Stilmittel einsetzen kann man das definitiv. Ähm ...
Würde super funktionieren, denk ich. Vor allem mit diesen Gesichtsausdrücken eben, dass man die halt absichtlich zu langsam macht oder halt wirklich Blindsinn komplett aussetzt.
Ähm, Jaja, möchtest du was einwerfen?

Nicolas:
[1:23:00] Ja, ja, jetzt kann- Jessica hat ein Heureka-Moment hier, vor der Kamera, nicht sichtbar für die Zuschauer- äh, Zuhörenden.

Jessica:
[1:23:08] So ein bisschen, sorry, du hättest es auch gerne fertig machen können, aber ich werfe es jetzt ganz kurz ein. Ich denke gerade an Doki Doki Literature Club.
Das ist, ich meine, das ist ja, völlig klar, 2D-Anime-Style.

[1:23:22] Die Charaktere haben Gesichtsausdrücke, an die man sich gewöhnt, die natürlich immer wieder kommen. Ja, so Dating-Sim-mäßig und erstmal überhaupt nicht gruselig.
Und je weiter man fortschreitet, kann es dann passieren, dass die Figuren, die man da datet, dann für kurze, oft nur so für eine Zeile oder sowas, das sind was sie sagen oder fast schon manisch lachen, dann so einen Gesichtsausdruck kriegen, der unfassbar uncanny ist.
Ich bin gestern noch mal so meine Spiele durchgegangen und hab noch mal so einen Playthrough von Doki Doki angeschaut und bin da auf einen so leeren Gesichtsausdruck von Yuri, einer dieser Datable Characters, gestoßen, der einfach so dermaßen uncanny war.
Und wir hatten das eben in einem Spiel, das überhaupt nicht den Anspruch an irgendeine realistische Grafik hat, sondern, also das war für mich grade so diese Heurika-Moment, Ich muss ja gar nicht wie in, keine Ahnung, Silent Hill, wo man's versucht hat, oder Heavy Rain oder so weiter haben, sondern auch da kann ich einfach mit dem ...
Ich hab dich ganz lange an die normalen Gesichtsausdrücke gewöhnt, und jetzt mach ich so einen, der ...
Off is. Und oh mein Gott, war das creepy! War das einfach creepy!
Daran musste ich grade denken, aber jetzt sprich bitte weiter.

Stella:
[1:24:41] Nee, auf jeden Fall, das funktioniert ja einfach megagut, auch erstmal wieder diese Erwartungshaltung oder dieses Sicherheitsgefühl aufbaust und dann kattest du dann einmal plötzlich richtig rein.

[1:24:53] Um noch mal zu den Gesichtsausdrücken zurückzukommen. Ich glaube, dass ... ja, diese feine Linie zwischen ...
Kritik, dass die Entwickler das vielleicht einfach verkackt haben, oder, ja, juhu, das haben die megatoll gemacht, liegt dann vielleicht auch im Realismusgrad.
Also ... wenn's vielleicht Richtung Fotorealismus geht und wirklich Texturen auf 100 Prozent ultrarealistisch alles sieht, total super aus, Aber dass dann irgendwie menschliche Charaktermodelle sich also total steif bewegen.
Also nicht mal ansatzweise irgendwie flüssig sind oder so. Denn ich glaube, dann wird sich der meiste Zuschauer dann denken, das hätte man definitiv besser machen können.
Wenn aber 90 Prozent der Bewegungen alle total smooth sind, Handbewegungen flüssig, aber dann halt eben so ein, zwei Sachen, immer mal wieder off sind.
Ich glaube, dann wird's auch als D-Mittel wahrgenommen, weil halt einfach gezeigt wird an anderen Stellen, die haben's hingekriegt, die haben's super gemacht.
Aber die ein, zwei Punkte, vor allem, wenn's wirklich im Horrorgenre angesiedelt ist und jetzt nicht irgendwie ...
Ja, es ist eine Liebesgeschichte oder irgendwie so was, und dann stehen sich da zwei Charaktere gegenüber und niemand von denen blinzelt jemals, gut, dann wird man auch wieder sagen, Wurde das vergessen oder da keinen Wert drauf gelegt, warum?

Nicolas:
[1:26:23] Das ist romantisch. Das ist romantisch. Das ist romantisch.
Man erträgt es nicht, den Anblick des anderen auch nur für kurze Zeit zu unterbrechen.
Deswegen darf man nicht drinsitzen.

Stella:
[1:26:34] Genau, stimmt. Verzeihung. Ja, sehr, sehr romantisch.
Aber ja, ich glaube, das ist dann einfach wieder sehr visuell abhängig von dem, was da passiert.
Überwiegend gezeigt wird und natürlich auch wieder genreabhängig.
Also wenn es im Horror angesiedelt ist, dann würde man fehlendes Blindsehen oder langsames Lächeln denke ich mal schon als Stilmittel wahrnehmen, wenn alles andere wirklich hochgeschraubt ist.
Wenn, wie gesagt, alles andere in Animationen steif ist, dann wird entweder gesagt, okay, das hätten sie insgesamt besser machen können oder Okay, technische Limitierungen, das war vielleicht das, was einfach so gewählt wurde oder gemacht werden konnte nur. Also ja.

Nicolas:
[1:27:20] Ich bin gespannt, zum Zeitpunkt der heutigen Aufnahme ist ja Alan Wake 2 erschienen, welches im weiteren Sinne stärker noch als sein Vorgänger auch, sagen wir mal, in einen Horrorbereich mit hineinreicht.
Und zeitgleich die absolute Spitze der Echtzeit-Grafik-Rendering zum jetzigen Veröffentlichungszeitpunkt darstellt.
Und da bin ich gespannt auf die Resonanz der Spielenden, wenn wir uns also in sehr fotorealistische ...
Ähm, Regionen bewegen. Insbesondere auch mit der Beleuchtung, mit Path-Tracing, gestützter Technologie und so weiter.
Ja, fällt Alan Wake dort in das Uncanny Valley oder nicht?
Mir sind bislang noch keine Berichte, vermehrte Berichte da zu Ohren gekommen, aber ja, ich bin gespannt, wie man rückblickend vielleicht, wenn wir nächstes Jahr uns wieder zusammen finden in irgendeiner Form zu einer Halloween-Folge, wie man da drauf blicken wird.

Jessica:
[1:28:28] Ja, liebe Stella, wollen wir...
Uns noch in deine sehr spannenden Study Cases zum Abschluss hineinbewegen.

Stella:
[1:28:37] Auf jeden Fall.

Jessica:
[1:28:38] Hast du eins, von dem du sagst, darüber müssen wir unbedingt sprechen, oder vielleicht auch mehrere, bevor wir hier zu einem Ende finden können?

Stella:
[1:28:49] Ich hab da so einige gehabt, ja, das stimmt. Es wär auf jeden Fall cool, wenn wir mindestens eins jeweils von von Silent Hill und einmal Evil Within irgendwie haben, weil sie sich doch schon visuell unterscheiden und wieder so ein bisschen anders angesiedelt sind im Unheimlichen.
Ähm ...

Nicolas:
[1:29:11] Mit The Evil Within kennst du dich ganz gut aus, Jessica, nicht wahr?

Jessica:
[1:29:15] Ja, so einigermaßen.

Nicolas:
[1:29:17] Also, du hast es auf jeden Fall ... Es war hier im Podcast schon an der einen oder anderen Stelle mal Thema. Ah!
Es scheint sehr reichhaltig zu sein, an dem, was es so bietet an Untersuchungsmaterial.

Jessica:
[1:29:31] Mir fällt es immer als erstes ein, wenn es um Feuersymbolik geht, weil da viele, also wir haben einen Villain, der mit viel Feuer inszeniert wird, so einem heiligen Feuer fast schon.
Es ist so ein Priester, ein Father Theodore heißt er, glaube ich, der uns begegnet und aber eben auch die, Ja, natürlich, Geschichte fängt ja an mit einem brennenden Haus. Da ist das Feuer drin und an vielen Stellen.
Was mit Schuldgefühlern und eigenen Gedanken von ich bin schuld an bestimmten Dingen, die ich jetzt nicht alles spoilern möchte, aber auch da das Feuer immer wieder eine Rolle spielt, das ist immer so das Erste, was mir da einfällt, weil es super mit Symbolik arbeitet.

Stella:
[1:30:20] Ich erinnere mich noch, dass wir das damals in deinem Kurs durchgenommen haben. Oh ja, richtig.

Jessica:
[1:30:26] Ja, ja, ja.

Stella:
[1:30:28] Oh, stimmt.
Ich erinnere mich.

Jessica:
[1:30:37] Ja das schießt doch.

Nicolas:
[1:30:39] Dozentin, Studentin ehemals Moment den ich hier mit erlebe.

Jessica:
[1:30:47] Aber Stella dann hast du einen Favoriten Evil Within zuerst oder Silent Hill hast du die Bühne.

Stella:
[1:30:53] Dann fangen wir mal mit Silent Hill an würde ich sagen. Wollen wir da einfach mal Valtil nehmen?
Das erste Beispiel.

Study Case 1: Silent Hill 3: Valtiel


[1:31:05] Valtil oder beziehungsweise, wenn man überhaupt erst mal anfängt, von Silent Hill zu reden.
Ich glaube, den meisten Leuten ist Silent Hill mittlerweile auch so ein bisschen durch Mainstream bekannt.
Beziehungsweise auf jeden Fall der Look so ein bisschen. So dieses, diese verrostete, nebelige Anderswelt, wo überall, wo du hinschaust, ist Gore.
Sind Leichenteile, Blut, Verderben, man kann es sich vorstellen.

[1:31:35] Und in Silent Hill ist der Protagonist dann eben in dieser Anderswelt gefangen und muss sich da durchkämpfen und wird dann natürlich mit allerhand unheimlicher Kreaturen konfrontiert, die größtenteils dann auch der Psyche des Protagonisten entspringen und sich daraus dann gebildet haben.
Und ein Beispiel ist dann eben Valtiel. Valtiel ist ein, naja, humanoides Wesen, aber man stellt dann schnell fest, dass da viele Sachen dann doch anders sind, als es einem bekannt ist.
Und zwar ist er überwiegend, wie gesagt humanoid und hat so eine Art Schlachterschürze, ist das glaube ich, an.
Insgesamt sieht er auch sehr, also seine ganze Haut ist sehr ledrig alles, sehr in braun, gelb, roten Tönen gehalten.
Man sieht, dass halt seine Haut, also es sieht alles sehr verwest aus.
Also man muss natürlich dazu bedenken, das war, ich glaube, Silent Hill 3, daraus kam Valtiel.
Grafisch natürlich noch limitiert zu der Zeit, aber in dem Stil war schon deutlich ersichtbar, dass er eben Verwesung zeigt, viele Nähte, dass Fleisch eben zusammengenäht wurde.

[1:33:05] Und was bei Valtiel sehr hervorsticht, ist, dass sein Kopf die ganze Zeit vibriert.
Dass man halt wirklich sein Gesicht einfach nicht wahrnehmen kann.
Das ist einfach so obskur die ganze Zeit.
Aber auf der anderen Seite wird man dann irgendwann feststellen, dass Valtiel eh gar kein Gesicht hat.
Also wenn dann eben mal dieses Vibrieren aufhört, was einen eigentlich davon abgehalten hätte, Gesichtszüge zu erkennen, wird einem dann bewusst, der hat gar kein Gesicht, das sind alles nur Nähte, dass da irgendwie Fleischteile zusammengestickt wurden und dass dieses Wesen eigentlich so gar nicht am Leben sein kann.
Und dass da, wie gesagt, wirklich wieder so eine ...
Dass er aus dem kategorischen Raster einfach rausfällt und dadurch halt einfach total unheimlich wird.
Ich glaub, er hat dann auch noch irgendwie so Doktor-Handschuhe an.
Und ich glaub, er folgt dem Charakter immer im Hintergrund so ein bisschen, so ein bisschen als Schutzengel, um den Protagonisten dann am Ende ans Ziel zu führen für bestimmte Geschehnisse.
Ich werd da nichts spoilern.

[1:34:26] Aber ja, das ist einfach eine sehr obskure, sehr unheimliche Figur, die da dargestellt wird und halt wirklich stark mit, naja, auch Angst vor.

[1:34:41] Selbstverstümmelung oder jedenfalls der Gefahr vor Verstümmelung spielt, wenn er eben so als Schlachter dargestellt wird mit seiner Schürze.
Also einerseits folgt er dem Protagonisten, um ihn auf bestimmte Wege zu führen, aber andererseits stellt er natürlich eine Figur dar, die einen infrage stellen lässt, was für Absichten dieses Wesen überhaupt wirklich hat.
Und dann man nicht zur schlachtbank genau genau aber ja auf jeden fall dieses naja verwaschene gesicht durch die vibration wobei dann eben da gar keine gesichtszüge dann überhaupt zu erfassen sind das ist glaube ich auch ein großer aspekt der da dieses dieses unheimliche dann hervorruft.

Nicolas:
[1:35:32] Finde ich einen genialen Designkniff irgendwie, weil auch wieder unter Ausnutzung der Art und Weise, wie Menschen funktionieren halt, ne.
Menschen versuchen ja an anderen, an meinesgleichen, an andere grob menschliche Objekte anzudocken quasi, ne, psychologisch.
Und das, und was, in der Regel erfolgt das über das Gesicht.
Man versucht über das Gesicht anzudocken beim anderen, ne. Man schaut, verhält der sich irgendwie synchron, schaut er mich an, gibt es einen Blickkontakt.
Wenn ich lächle, lächelt der andere auch und so entsteht so eine Art sozialer, soziales Band, auf dem sich dann irgendwie auch die Interaktionen gestalten.

[1:36:16] Aber wenn ich eben das nicht kann, wenn mir das Andocken verwehrt bleibt, wenn das Andocken gestört wird, dann bin ich verstört.
Und dann hat man genau das Gewünschte in dem Fall, unterstelle ich jetzt einfach mal den Designern, Designerinnen hier, das gewünschte Ergebnis einer Verstörung, ne?
Und dann mit dem Kniff, dass man dann vielleicht doch irgendwann...
Es gelingt ihn scharf zu stellen und was sich aber scharf stellt ist dann eben nicht das was man erhofft hatte das die die die die die fläche an der ich andocken kann sondern eben nur eine weitere fläche die sich nicht zum andocken eignet ein ein netz aus hautlappen oder irgendwie so ne also das ist so ja schon ziemlich elegant.

Jessica:
[1:37:04] Auf die ich wieder projizieren kann schlussendlich auch ja und daran angeschöpft noch was du gerade sagst nicholas mit dem andocken beim anderen das ist ja auch ein ich kann aus den gesichtszügen normalerweise relativ gut ablesen ob mir jemand feindlich gesonnen ist oder nicht und auch das kann ich hier nicht Eben weil mir das verwehrt ist und das spiegelt sich ja auch im Verhalten wieder, wie du sagst.
Also ich finde das ein super Beispiel, weil es glaube ich die erste Figur ist, über die wir heute sprechen, die kein direkter Villain ist, die irgendwie verstümmelt ist.
Meistens haben wir das, dass eben irgendwelche Formen von Gegnern verstümmelt sind, aber hier ein Wesen, das uns nicht sofort killen will zumindest.
Doch eben auch nicht nur in dem, wie es sich verhält, wo man nicht so sicher ist, hm, wohin fühlt's mich jetzt eigentlich, sondern eben auch sich diese Unsicherheit im Gesicht weiter fortsetzt oder umgekehrt, find ich super.

Stella:
[1:38:08] Ja. Ja, vor allem, weil er dann auch natürlich nicht reden kann.
Ich glaube, er grummelt dann nur so. Oder hat halt diese verzerrten Geräusche als verbalen Ausdruck, die halt einfach nicht als menschlich kategorisiert werden können.
Und dadurch fällt er halt einfach dann für den Betrachter aus dem Raster.
Dann kann man ihn halt überhaupt nicht einschätzen, nicht mal durch verbalen Ausdruck.

Nicolas:
[1:38:40] Die einzige Sicherheit, die sich da gegebenenfalls im kleinen Maßstab aufbauen kann, ist die, wenn man ihn mehrfach trifft und es jedes Mal irgendwie überlebt, Da denkt man sich, also wenn er mir wirklich was böses will, dann hätte er mich doch schon lange umbringen können, oder?
Aber vielleicht will er eben auch die Sauerei erst auf der Schlachtbank veranstalten und nicht auf dem Weg dahin, ne?
Und das ist genau das Problem dann.

[1:39:11] Ja, ein spannendes Beispiel. Wir werden auf jeden Fall auch bei dem Beitrag zu dieser Podcast-Folge auf unserer Webseite entsprechendes Bildmaterial verlinken für diejenigen, die Lust haben, sich dort visuelle Anreize über das, was wir hier sprechen, hier zubekommen.
Neben dem Bildmaterial auf unserer Webseite, das wir verlinken werden, können diejenigen, die sich nicht abschrecken lassen von dem Horror und den Schrecken, gerne auch einen Blick wagen in die Bachelorarbeit von Stella, die wir ebenfalls verlinken werden, die sie dankenswerterweise uns zur Verfügung stellt, zur Veröffentlichung.
Und dort gibt es noch wesentlich mehr interessante, gruselige Beispiele zu bewundern und betrachten und zu analysieren.
Stella, nimm uns doch nochmal mit, welchen Wesen hast du dich da in deinen Studien nochmal genauer gewidmet und aus welchem Spiel stammen die?

Stella:
[1:40:18] Genau, wenn wir dann mal von Silent Hill weitergehen zu einem anderen sehr,

Study Case 2: The Evil Within 2: Obscura


[1:40:22] sehr coolen Horrorgame, das wäre dann The Evil Within 2.
Kurz mal als Wrap-Up, es ist ein psychologisches Horrorgame, da folgt man einem mittlerweile Ex-Detektiv-Polizisten, glaube ich, Sebastian Castellanos.

[1:40:42] Und dem Protagonisten folgt man dann eben in eine Wie soll man das beschreiben?

[1:40:53] Man folgt dem Protagonisten in eine andere Welt, die dem Unterbewusstsein von mehreren Personen entspringt, zusammengesetzt in einer Maschine, die sich STEM nennt, an die er sein Bewusstsein dann letztendlich anschließt und dann eben eintaucht in diese Anderswelt.
Und man folgt eben Sebastian in diese Welt, da er seine...

[1:41:24] Lieben, seine Familie aus dieser Welt zurückholen möchte.
Und wie in Silent Hill trifft man natürlich auf sehr entstellte Wesen, die mal mehr, mal weniger ins Unheimliche gehen und auch mal mehr, mal weniger vom Grotesken sogar ins Ästhetische gehen.
Und was ich mir da rausgepickt hatte als schönes Beispiel war zum Beispiel die Obscura, so nennt sich das Wesen.
Das ist ein, ich würd's jetzt mal als Sklavenwesen von dem ersten Antagonisten bezeichnen, und zwar ist der erste Antagonist in The Evil Within 2 ein Fotograf, der auch in diese Anderswelt über den Stem hineingezogen wurde und der ist ein völlig durchgedrehter Psycho-Killer.

[1:42:24] Er bezeichnet sich selber als Künstler, aber tötet seine Opfer, um die dann auf möglichst ästhetische ansprechende Weise darzustellen und dann wundervolle Fotos davon zu machen.
Und die Obscura ist eben ein Wesen, was er für sich geschaffen hat, als Untertan, als Sklave.
Sie folgt ihm und führt Befehle aus und was bei ihr sehr, sehr interessant ist, ist eben diese Verbindung von körperlicher Entstelltheit und Ästhetik.

[1:43:03] Und zwar, wenn man sich Obscura jetzt mal ohne Bild vorstellen möchte, ist sie eigentlich im Grunde ein weiblicher Körper, der rücklinks übergebeugt ist.
Jedoch hat sie nicht nur zwei Beine, sondern noch ein drittes Extrabein und auf diesen drei Beinen bewegt sie sich fort.
Sie trägt Ballerinaschuhe. Im Gegensatz dazu ist aber dann ihr Körper an sich gezeichnet von Verwesungen, Wunden, überall stecken Nadeln drin und der Kopf wurde ausgetauscht gegen eine lange alte Kamera.
Und die Obscura verfolgt eben den Protagonisten in bestimmten Teilen des Spiels und schießt Fotos, um ihn zu blenden und, naja, ihn zu töten, um es mal einfach ganz banal auszudrücken.
Und wie gesagt, diese Obscura zeigt bildlich einfach eine sehr, sehr interessante Vereinigung eben von dieser...

[1:44:18] Verwesung von dem Vergänglichen, aber auch von der Schönheit und das dann eben noch mal verstärkt auch wieder durch Audioclues, wie zum Beispiel Stöhnen.
Also sie spricht nicht, sie hat keinen Kopf, sie hat eine Kamera.
Trotzdem, wenn sie den Protagonisten verfolgt, stöhnt sie dauerhaft, was natürlich dann auch wieder, dieses Bild verzerrt und irgendwie in eine ganz ganz komische interessante Richtung bewegt, eben weil das dann wieder so sexuelle Anklänge hat.
Jedoch dann aber auch wieder diese Verstümmelung, dieses abstrakte Hintenübergebeugtsein, also diese komische Fortbewegung, die einem völlig fremd ist, aber dennoch schnell ist. Also man muss wirklich vor ihr flüchten.
Sie ist nicht langsam, sie kann weit springen auf ihren drei Ballerinerbeinen.
Und das ist einfach eine ganz obskure Kombination.
Also, ähm, einfach mega interessant.
Ähm ...

Nicolas:
[1:45:22] Interessant auch das Wortspiel irgendwie. Die Kamera, Kamera, obskura, obskura.
Äh ... Ja.

Jessica:
[1:45:30] Obskure Kombination.

Stella:
[1:45:33] Ja.

Nicolas:
[1:45:34] Obskure Kombination. Und was ich ...
Was für mich jetzt, wenn ich diese Figur betrachte, Ich dachte auch, echt rausfällt, ist einerseits wirklich neben diesem Ästhetischen des Inszenierungen des Frauenkörpers oder der Anteile, der Frauenkörperanteile, äh...
Der figur aber diese dieses clashen von eben kalter technologie in form der kamera und eigentlich organischen menschlichen anteilen quasi ne und das ist das das das spannt so ein ein ein interessantes reiz verhältnis auf spannungsverhältnis auf einfach, Man fragt sich, wie sind die vermählt, diese beiden Welten?
Ja, wo fängt also die Maschine an, wo hört der Mensch auf?
Ist dieser Maschinen-Kamera-Kopf, hat der, wirkt der dadurch, dass er an diesen Frauenkörper gepackt ist, wird der dadurch menschlicher?
Oder wird der Frauenkörper dadurch mehr zur Maschine? Man weiß es nicht so genau.
Es ist also wirklich, ja, ähm, sagen wir mal, spannend, auch weil es eben so einen scharfen Kontrast bietet, um auch wieder mit einem bei einem Kamera- und Fotografie-technischen Begriff zu landen.

[1:47:02] Starke Kontrastierung und dadurch hat das Gehirn irgendwie, hat es zu arbeiten, hat es zu verarbeiten auch beim Anblick dieses Wesens.

Stella:
[1:47:12] Ja, was da auch sehr interessant ist im Kontext zu der Story oder zu der Hintergrundgeschichte des Villains eben in der ersten Hälfte, dem Stefano Valentini, die Obscura ist eigentlich im groben Sinne wirklich die Darstellung dessen, was er eigentlich in dem Spiel tut oder beziehungsweise als Psychopath-Killer seinen Opfern angetan hat, die eben überwiegend Frauen waren.
Also eben in dieser STEM-Welt, in die der Spieler dann entführt wird, da wird halt einfach gezeigt, dass Stefano hauptsächlich weibliche Menschen getötet hat und die dann entstellt hat und eben dann mit einer Kamera Bilder von ihnen geschossen hat.
Somit ist Obscura dann eigentlich die Verschmelzung allen dessen, was er eigentlich in dieser Anderswelt vollbringt.

Jessica:
[1:48:24] Tolles Beispiel. Ja.

Nicolas:
[1:48:26] Was du erwähnt hattest, was ich hier noch einmal kurz aufgreifen möchte, ist, dass die sich so schnell fortbewegt, sodass man, also man das Gefühl, wie kann das denn sein, ne?
Und ich hatte vorhin, sagen wir mal, diese intuitive Vorstellung von Biomechanik erwähnt.
Normalerweise belebte Körper, die haben eine bestimmte Beschleunigungskurve, ne?
Die gehen nicht aus dem Stand bewegen, die sich schnell vorwärts, sondern die, ähm, ja, ne, die brauchen ein bisschen, um Geschwindigkeit aufzubauen zum Beispiel und so was.
Und wenn ein Körper aus dem Nichts heraus sich quasi in schnellen Sätzen auf einen zubewegt zum Beispiel oder so, dann hat das eben auch häufig einen gruseligen Effekt.
Ähm, so ähnlich wie im japanischen Horror irgendwelche Frauen mit umgedrehten Köpfen, ne, die dann so auch auf einen zukrabbeln irgendwie.
Mhm. So ein typisches, ähm, so ein typischer Trope.

Stella:
[1:49:17] Ja.

Nicolas:
[1:49:18] Aber das liegt auch eben in dieser Verletzung der intuitiven Annahmen über die Biomechanik. Das dürfte eigentlich gar nicht sein.
Das dürfte nicht so schnell gehen. Und dann ist die Frage, okay, wenn diese Gesetze nicht gelten für diese Figur, zu was ist sie noch allem in der Lage?
Auf einmal ist alles möglich und dann ist der Fantasietür und Tor geöffnet für die schrecklichsten Dinge.

Stella:
[1:49:39] Ja, um da vielleicht nochmal dran anzuknüpfen oder das nochmal weiter auszubauen mit ihrer Bewegung. Sie ist nicht nur schnell, sondern kann auch unglaublich weit springen, aber nicht nur nach vorne, sondern an die Decke.
Also du siehst sie im Raum, also wenn der Kampf, also es gibt einen Kampf gegen sie, wo du sie auch töten musst, aber während dieses Kampfes, der in einem sehr engen Raum stattfindet, springt sie oftmals auch einfach wirklich mit einem Satz einfach vom Boden direkt an die Decke und verschwindet im Dunkeln.
Also an der Decke selbst ist keine Beleuchtung, das heißt du verlierst sie dann aus den Augen und hörst dann nur dieses Tapsen von ihren Beinen, während sie halt diese stöhnenden Geräusche macht.
Und das ist ganz, ganz eigenartig, also das löst wieder auch eine ganz andere Art von Angst und Verstörtheit aus, wenn du einfach weißt, irgendwo über mir ist dieses Ding, was sehr weit springen kann, nicht mit mir redet, sondern nur stöhnt und ja.
Und dann springt sie auch wirklich von der Decke einfach auf dich drauf, also wirklich einen riesen Satz und dann liegst du erst mal am Boden.

Nicolas:
[1:50:58] Ein intuitives Sicherheitsverhalten, was viele Menschen und Spielende in dem Fall machen würden, wäre ja, okay, ich muss irgendwie entweder Distanz zwischen mich und dem furchteinflößenden Objekt bringen oder ein Hindernis zwischen mich und dem Objekt bringen.
Und wenn man quasi dieses Springen als ein Überwinden von Hindernissen quasi zum Teil des Movesets, der Bewegungsabläufe macht, dann verschwinden diese scheinbaren Sicherheiten von, ich bringe jetzt einen Abgrund zwischen mich zum Beispiel oder so und dem Wesen oder eben eine große Distanz, die, die können auf einmal ihre Funktionen als Sicherheiten nicht mehr ausführen und dann fühlen wir uns extra schutzlos.

[1:51:42] Ja, spannendes Beispiel, und da sieht man, wie also quasi um für bemerkenswerte Horror-Erfahrungen wie visuelles, ästhetisches Design, aber auch Gameplay-Design ineinandergreifen, um sich gegenseitig zu verstärken und eben um die gewünschte emotionale Reaktion bei den Spielen hervorzurufen.
Es ist dann eben im Zusammenwirken des Äußeren ...
Selbst wenn man sich das statisch anguckt, das Bild wirkt das ja schon gruselig und macht einen gewissen Eindruck.
Selbst wenn man ihre Bewegungsabläufe nicht sieht. Aber dann in der Kombination mit den Bewegungsabläufen, beides zusammen, ähm, verstärkt dann eben die Wirkung.
Und letztendlich ist das eben auch genau was, was nur im Medium-Videospiel dann in der Form so möglich ist.
Wenn dann auch noch eine interaktive Komponente dazukommt, eine Reaktion auf das Verhalten der Spielenden, welches dann eben diese einzigartigen Erfahrungen kreiert, die so nur im Videospielbereich möglich sind.

Jessica:
[1:52:48] Ja, und du musst ja auf sie auch reagieren. Es ist nicht nur, was sie auf deine Bewegungen macht, sondern du bist nicht in der Situation, dass du dich vielleicht gegruselt, aber trotzdem in deinen Sitz zurücklehnen kannst und dir das Popcorn in den Mund schieben kannst, während du dir das anguckst, sondern du bist gezwungen, selbst zu reagieren und diese Situation einzuschätzen.
Und entsprechend zu handeln.

Nicolas:
[1:53:14] Ja.

Stella:
[1:53:17] Ja, soll ich dann einfach mal zum letzten Beispiel übergehen?
Soll ich einfach mal weitermachen?

Study Case 3: The Evil WIthin 2: Stefano Valentinis 'Kunstinstallationen'


Nicolas:
[1:53:24] Ja, aus Aus the Evil Within 2 gibt es noch ein anderes Beispiel, dem du dich in deiner Arbeit intensiver gewidmet hast.
Erzähl uns mal, worum es sich dabei handelt.

Stella:
[1:53:36] Genau, also abseits von diesen Kreaturen, die dieser Stefano Valentini erschaffen hat, hat er auch sehr, sehr viele Kunstinstallationen, wenn man es so beschreiben möchte, in dieser STEM-Welt, naja, gebaut, dargestellt.
Und diese Kunstinstallation kann man sich so vorstellen, dass seine Opfer im Moment ihres Todes in einer Zeitschleife gefangen sind und damit eingefroren sind.
Und dann sozusagen in einer ewigen Kapsel als Kunsterscheinung erhalten bleiben.
Das ist dann im Spiel so dargestellt, dass dann z.B.
Einfach ein Körper, der gerade erstochen wurde, in dem Moment des Todes, wo das Blut aus ihm rausspritzt, sich ganz leicht nur bewegt, aber immer nur für eine Sekunde und das loopt dann die ganze Zeit alles in so einer leicht wabernden blauen Box und wenn man in diese Box reintritt, ist da auch noch klassische Musik bei.
Das heißt, dieser Killer Stefano Valentini stellt seine Opfer einfach in dieser übertrieben edlen Konstellation dar, also wirklich ganz.

[1:55:00] Morbide einfach Tod und Ästhetik zu verbinden, den Zeitpunkt des Todes als schön darzustellen.
Einfach das Blutspritzer wie so ein Blumenstrauß wirken.
Also, ähm ... ganz, ganz morbide. Und das eine Beispiel, was ich mir da noch rausgesucht hatte, war ...
Seine größte Kunstinstallation in dem Spiel. Die nennt sich Wiedergeburt, wenn ich mich recht entsinne.
Und zwar stellt er dar, ähm ... Man kann das sich als Braut eigentlich vorstellen.
Braut mit Flügeln, die zwischen vier Säulen schwebt, wobei aber die Flügel eben keine Flügel sind, sondern es sind alles Arme, alles Leichenteile, die an ihren Rücken genäht wurden.
Ihr Kopf ist, glaube ich, mit einem weißen Tuch verborgen, das voll mit Blut ist auch.
Und unter dieser Braut schweben dann noch andere Leichen, die aber auch, glaube ich, zusammengesetzt sind aus verschiedenen Teilen. Also es ist zwar ein Körper, der da dargestellt wird unten, aber wahrscheinlich ist das nicht mal alles vom selben Körper.

[1:56:16] Und darunter wiederum ist dann auch nochmal ein Berg an Leichen.
Und diese ganze Inszenierung ist dann nochmal begleitet von Rosenblättern und eben auch klassischer Musik. Also wirklich wieder der Tod oder der Tod vieler Leute.

[1:56:32] Wer weiß, wie viele Leute in diesem Leichenberg und wie viele Leichen in dieser Braut verbaut wurden von Stefano.
Aber einfach der Tod von so vielen Menschen wieder in dieser ästhetischen Zeitschleife, die nicht gebrochen wird und einfach für den Spieler dann als Kunstobjekt zu betrachten ist, Es ist auch wieder eine andere Art an mobiler Unheimlichkeit, die irgendwie nochmal aus diesem ganzen Rahmen heraussticht und eigentlich dann auch nochmal wieder andere Fragen eröffnet, was eigentlich Ästhetik ist, ob alles gleich von jedem Menschen als ästhetisch oder schön empfunden wird.
Also da kann man wirklich wieder auf ganz andere Weise anknüpfen, aber eben diese Kunstinstallationen von dem Antagonisten, die stechen wirklich in dieser ganzen Unheimlichkeit in dem ganzen Gebiet nochmal hervor.

Jessica:
[1:57:37] Du hast da jetzt auch noch mal die Musik genannt, darüber haben wir mit den den auditiven Teile haben wir noch gar nicht gesprochen.
Wäre sicher auch eine eigene Folge wert, wie klingt Horror?
Vielleicht, aber das, also diese Kombination zwischen wir wollen so oder er will eine ästhetische Gesamterfahrung, sag ich mal, darstellen und die ist natürlich so, so dass sie so oft oft ist ja horror dann mit mit so einer klassischen musik verbunden finde ich auch noch mal ganz ganz spannend ich finde das deswegen psychologisch interessant weil was passierte wenn man jetzt also diese installation anschaut möglicherweise wird man so wie stella das beschrieben hat den eindruck einer gewissen Ästhetik, einen ästhetischen Eindruck haben, dass da eine gewisse Schönheit in diesem ganzen morbiden Versteck liegt.

Nicolas:
[1:58:39] Und was passiert dann? Man hat sich letztendlich selber überführt einer Entmenschlichung dieser ganzen Sache.
Man erschrickt darüber, dass man selber in der Lage ist, diese groteske, furchtbare Szene eigentlich dem dort eine Schönheit darin zu entdecken.
Und dann, das ist letztendlich eine Konfrontation mit dem eigenen Selbst und mit dem Fakt, dass quasi in jedem Menschen irgendwie die Befähigung zum Bösen in irgendeiner Form lauert und zur Entmenschlichung, Dinge wahrzunehmen als nicht menschlich, aber eigentlich menschlichen Charakters sind.
Und das ist wiederum diese Selbsterkenntnis, diese Konfrontation mit dem eigenen Vermögen, dem furchtbaren Vermögen, dort Schönheit drin zu entdecken, das wiederum auf einer anderen Ebene einen auch nochmal erschaudern lässt, über sich selbst in dem Fall.

Jessica:
[1:59:36] Ja man verbietet es sich natürlich sind wir auch wieder beim thema abwehr und bei dem ja man ist ja mit gesellschaftlichen normen konfrontiert und eigentlich auch normen die man selber internalisiert hat und von denen man glaubt dass man ihnen anhängt und klar tut man auch weiter aber schon allein der gedanke oh je, irgendwie ist es schon auch schön.
Darüber erschreckt man dann eben, weil das so ein Clash ist zwischen dem, was man zum einen weiß, was die Gesellschaft von einem erwartet und was gesellschaftliche Normen sind, und eben dem eigenen Moralvorstellung, der eigenen Moralvorstellung.

[2:00:17] Und dann hat man da eine Reaktion, die man nicht ganz einordnen kann und sich fragt, Bin ich jetzt, wäre ich auch dazu fähig, nur weil ich das jetzt durchaus auch attraktiv finde.
Also das ist so der eine Punkt, finde ich, Nikolas, den du gut rausgearbeitet hast.
Und für mich war es noch der zweite, dass ich nicht umhinkam, mir natürlich auch vorzustellen, was bedeutet das für diese, ja natürlich im Spiel nicht real existierenden Charaktere, Die da, ja, erleben die diese Ein-Sekunden-Loop die ganze Zeit?
Oder sind die tot-tot und erleben diese Loop nicht mehr?
Sind die da gerade selber gefangen? Also, das bringt ja noch mal einen ganz anderen Horror rein.
Also, einmal irgendwie auf grausame Weise sterben, ist schon schlimm.
Aber allein diese Vorstellung, das könnte eine Loop sein, die die bis in alle Ewigkeit quasi miterleben müssen, diesen einen Moment.

[2:01:17] Was bedeutet das jetzt für so einen random Körperteil, das da irgendwie rumhängt?
Das kann ja selber nichts. Aber die Frau? Fragezeichen? Also ja, da fängt es ja schon an.
Wo ist eigentlich Bewusstsein? Ist das im Gehirn? Kann das in so einer Loop irgendwie noch erhalten sein und so weiter?
Aber also allein diese Vorstellung, finde ich, macht doch mal so eine ganz neue Ebene von Horror und Grusel auf.

Nicolas:
[2:01:45] Es ist ein Moment der Entgrenzung, und zwar der zeitlichen Entgrenzung, weil eben dieser Loop sich grenzenlos in die Zukunft fortsetzt.
Und Grenzenlosigkeit macht Menschen Angst, deswegen ist der Weltraum auch für viele Menschen ein Ort, der mit Angst besetzt ist, weil dort der Raum keine Grenzen kennt und sich bis in die Unendlichkeit und in die unendliche Dunkelheit in dem Fall auch fortsetzt.

Dank & Abmoderation


[2:02:17] Ja, äh, meine Lieben, es, ich glaube, an dieser Stelle können wir feststellen, wir haben heute ein reichhaltiges, ähm, Paket geschnürt, an allerlei, ähm, Scheußlichkeiten, aber auch, äh, hoffentlich, äh, für den einen oder anderen interessanten, ähm, Einblicken, Beobachtung, alles auf Basis entlang, äh, der Arbeit von Stella, ähm, wo wir an der Stelle gerne nochmal dazu aufrufen möchten, und das Interessierte dort gerne noch mal reinschauen.
Stella hat sich, das war jetzt unmöglich, in diesem sehr interessanten Gespräch abzubilden, hat sich